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Hamburg will Zweckentfremdung stoppenAirbnb ist nicht mehr anonym

Der Senat schränkt Vermietung von Wohnungen als Ferienunterkünfte stark ein und will die zur Überwachung zuständigen Stellen aufstocken.

Größter Vermittler privater Ferienwohnungen: Airbnb Foto: dpa

Hamburg taz | Das Problem ist seit langem bekannt. Immer mehr HamburgerInnen machen kräftig Kasse, indem sie eine Wohnung tage-oder wochenweise als Feriendomizil oder Touristenunterkunft vermieten. So erzielen sie viel höhere Renditen als mit einer Standardvermietung, graben den Hotels das Wasser ab und entziehen dem angespannten Markt wertvollen Wohnraum. „Das Geschäft mit privaten Wohnungen, die als Feriendomizile im Internet angeboten werden, ist in den vergangenen Jahren stark angewachsen“, klagt SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf.

Doch damit soll nun Ende des Jahres Schluss sein. Eine am Dienstag vom Senat beschlossene Novelle des Wohnraumschutzgesetzes sieht vor, dass sich solche VermieterInnen künftig mit einer „Wohnraumschutznummer“ registrieren lassen müssen. Denn bislang ist eine Kontrolle schwierig, weil die VermieterInnen die Wohnungen über Portale wie Airbnb, booking.com oder Ferienwohnungen.de anonym anbieten können. Das soll in Zukunft unmöglich sein.

Der Zeitraum, in dem eine Wohnung als Ferienunterkunft vermietet werden darf, wird von bisher sechs auf zwei Monate pro Jahr verkürzt. „Dass jemand während seiner eigenen Urlaubszeit seine Wohnung vermietet, soll natürlich auch weiterhin möglich sein“, gibt Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die Marschrichtung vor. Es geht nicht darum „Krieg gegen Airbnb“ zu führen, ergänzt er, „aber wir haben etwas dagegen, dass Wohnraum zweckentfremdet wird“.

Problematisch seien die Fälle, in denen Wohnungen aus kommerziellem Interesse nur an Touristen vermietet würden. „Wir wollen die Spreu vom Weizen trennen“, betont der Bürgermeister. Der Strafrahmen bei Verstößen aber erhöht sich im Wiederholungsfall von bislang 50.000 auf 500.000 Euro. Eine halbe Million Euro als Bußgeld habe „schon eine präventiv abschreckende Wirkung“, begründet Tschentscher die Verzehnfachung der Höchststrafe.

6.000 bis 7.000 angebotene Unterkünfte

Nach Angaben von Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) werden von den 938.000 Hamburger Wohnungen allein bei Airbnb rund 6.000 bis 7.000 zeitweilig als Ferienunterkünfte angeboten. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes und steigender Mieten in der Stadt liege es auf der Hand, „dass wir unbedingt den Wohnraumbestand schützen müssen“, sagt sie. Die zur Überwachung zuständigen Stellen in den Bezirken sollen um acht zusätzliche erhöht, zwei bereits befristet bestehende zudem in dauerhafte umgewandelt werden. Das Gesetz soll nach dem Willen des Senats mit Zustimmung der Bürgerschaft Anfang 2019 in Kraft treten.

Auch bei den Mietervereinen und der Opposition löste der Vorstoß Lob aus. CDU und Linkspartei betonten allerdings unabhängig voneinander, der rot-grüne Senat würde nun nur Forderungen umsetzen, die man selber schon lange erhoben habe. „Der Senat reagiert nun auf den Vorschlag der CDU-Fraktion“, glaubt der CDU-Abgeordnete Jens Wolf und seine Linkspartei-Kollegin Heike Sudmann ärgerte sich darüber, dass die Landesregierung die wohnungspolitischen Vorschläge ihrer Partei „immer erst mal ablehnen und erst Jahre später umsetzen“ würde.

Auch der Mieterverein freut sich darüber, „dass dringend benötigter Wohnraum nicht mehr durch Vermietung an Feriengäste dem Wohnungsmarkt entzogen wird“ und mahnt eine konsequente Umsetzung des Gesetzes und die Verhängung hoher Bußgelder an. Das will auch die CDU: „Schwarzen Schafen unter den Airbnb-Vermietern muss das Handwerk gelegt werden“, fordert Wolf.

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1 Kommentar

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  • Was mich an dieser AirBnB-Debatte so richtig ankotzt ist der Umstand, dass da auch ein Ablenkungsmanöver von Seiten der Regierenden damit betrieben wird. AirBnB ist sicher nicht die Hauptursache für den Mangel erschwinglichen Wohnraumes. Jahrzehntelang wird eine Gentrifizierung sondergleichen vorangetrieben, soziale Wohnprojekte werden ausgehebelt und städtische Immobilen werden an Investoren zu Billigstpreisen verramscht. Wenn aber auch Normalbürger am Neoliberalismus teilhaben wollen, dann werden Gesetze erlassen und gefordert, die den Gewinn an der Gentrifizierung wieder nur den ganz hohen Schichten ermöglichen. Projekte zum sozialen Wohnungsbau werden nicht gefördert, aber populistisch wird ein Klima der gegenseitigen Bespitzelung gefördert.