Hamburg vor den Wahlen: Von Beust will mit den Grünen kuscheln
Offensiv wirbt der CDU-Bürgermeister um die GAL. Doch: Schon wegen der Positionen in der Schulpolitik sei Schwarz-Grün "undenkbar", sagt GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch.
![](https://taz.de/picture/404091/14/VonBeust.jpg)
HAMBURG taz Grün ist das politische Objekt der Begierde in Hamburg. Sieben Wochen vor der Bürgerschaftswahl am 24. Februar kann sich die Grün-Alternative Liste (GAL) vor Angeboten kaum retten. Nicht nur ihr langjähriger Oppositionspartner SPD möchte mit ihr koalieren, auch die bislang allein regierende CDU macht nun Avancen. Und am Sonnabend beschloss ein Parteitag der Linken, ein rot-grünes Bündnis möglicherweise tolerieren zu wollen.
Ein Bündnis mit der GAL sei ihm lieber als eines mit der SPD, erklärte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am Wochenende in Wiesbaden bei einer Tagung des CDU-Bundesvorstandes. "Ich schließe das nicht aus, wenn die Bedingungen stimmen."
Seine Kuschelofferte knüpft von Beust an mindestens vier Voraussetzungen. Die Grünen müssten der Elbvertiefung zustimmen, dem Schuldenmachen abschwören und seinen harten Kurs bei der inneren Sicherheit mittragen. Diese Punkte seien für ihn "nicht verhandelbar", hatte von Beust Anfang November klargestellt. Auf einem Parteitag am 7. Dezember hatte er unter dem Jubel der Delegierten ergänzt, "dass die Abschaffung der Gymnasien und die Einführung der Einheitsschule mit mir nicht zu machen ist".
Für die Grünen sind jedoch Positionen in der Schul- und Innenpolitik nicht verhandelbar. Sie propagieren seit langem das Modell der Schule für alle. Spitzenkandidatin Christa Goetsch gilt als Erfinderin der neunjährigen Gemeinschaftsschule namens "9machtklug", die inzwischen Programm der Bundesgrünen ist. Die 55-Jährige arbeitete als Lehrerin an einer Haupt- und Realschule in einem Viertel, das als sozialer Brennpunkt gilt. Dass sie als Schulsenatorin und Zweite Bürgermeisterin einer schwarz-grünen Koalition eine gegenläufige Schulpolitik verantworten würde, "ist undenkbar", sagte sie am Sonntag. Auch deshalb "wollen wir eine klare rot-grüne Mehrheit. Alles andere steht nicht zur Debatte."
Im Trend von Umfragen von September bis zum Wochenende kommt die CDU auf etwa 42 Prozent, 2004 erreichte sie mit 47,2 Prozent knapp die absolute Mehrheit der Mandate im Rathaus. Eine Koalition aus SPD (34 Prozent) und GAL (13 Prozent) läge derzeit in den meisten Umfragen knapp vorn. Die Linke liegt zwischen fünf und sieben, die FDP zwischen drei und fünf Prozent. Die nächste Regierung in Hamburg werde ein "stabile rot-grüne sein", beharrte SPD-Bürgermeisterkandidat Michael Naumann. Wenn Ole von Beust, der 2001 mithilfe des Rechtspopulisten Schill an die Macht kam, diese mit den Grünen erhalten wolle, "hat er offenbar kein politisches Koordinatensystem".
Ablehnend reagierten SPD und GAL auf das Tolerierungsangebot der Hamburger Linkspartei, das deren Parteitag am Sonnabend beschloss. Als Anbiederung bezeichnete es die grüne Parteichefin Anja Hajduk. Sie findet, "dass jede Stimme für die Linken eine Stimme für die CDU ist". Ähnlich hatte sich auch Naumann geäußert. Eine eigenwillige Einschätzung lieferte FDP-Bundeschef Guido Westerwelle: "Den Hamburgern sollte klar sein: Schwarz-Grün wäre inhaltlich nichts anderes als Rot-Grün."
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