Hamburg plant mehr Unterkünfte: Sozialbehörde baut aus
Die Stadt verspricht, in diesem und im nächsten Jahr 1.900 Plätze mehr für Flüchtlinge und Wohnungslose zu schaffen. Unklar bleibt aber, wie sie das umsetzen will.
HAMBURG taz | Der Senat will mehr Geld für Flüchtlinge und Wohnungslose in die Hand nehmen. Weil mehr Zuwanderer nach Hamburg kommen, verspricht er in diesem und im kommenden Jahr mit insgesamt 71 Millionen Euro die Unterbringung und Betreuung besser auszustatten.
Konkret sollen die öffentlichen Unterkünfte laut Sozialbehörde bis Ende 2014 um 1.900 Plätze auf insgesamt 10.200 erhöht werden. Wie genau sie das umsetzen will, verrät sie nicht. Bereits das Vorhaben, mit einer Sofortmaßnahme im vergangenen Winter 1.000 zusätzliche Plätze zu schaffen, konnte sie nicht umsetzen.
„Es ist ein tolles Signal, dass in dem Bereich nicht gekürzt wird“, sagt Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter beim Straßenmagazin Hinz & Kunzt. Auch das zusätzliche Personal werde in den Einrichtungen dringend gebraucht. „Allerdings muss die Sozialbehörde ihr Konzept verändern, damit wir keinen katastrophalen Winter erleben“, sagt Karrenbauer.
„Die Aufstockung der Plätze ist in Arbeit“, sagt Sozialbehördensprecher Olaf Dittmann. Die Umsetzung sei aber nicht immer leicht, da es mitunter an Flächen und an der Zustimmung der Bevölkerung mangele. Um neue Plätze zu schaffen, setze die Sozialbehörde auf eine gute Zusammenarbeit mit den Bezirken und die Solidarität der Anwohner.
Doch die gestaltet sich schwierig. In der vergangenen Woche bestätigte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) im Eilverfahren, dass eine geplante Flüchtlingsunterkunft am Offakamp in Lokstedt vorerst nicht gebaut werden darf. Die Begründung: Die Wohnunterkunft widerspreche dem Bebauungsplan, der in diesem Gebiet nur Gewerbebetriebe erlaubt.
Bis Ende 2014 will der Senat die Schlafplätze für Flüchtlinge und Wohnungslose um 1.900 auf insgesamt 10.200 erhöhen und die Betreuung ausbauen.
Die Bürgerschaft soll dafür zusätzliche Kosten von rund 71 Millionen Euro bewilligen.
Die Zentrale Erstaufnahme soll dauerhaft 450 Plätze in Horst und in der Sportallee sowie 400 zusätzliche Containerplätze in der Schnackenburgsallee bereitstellen.
Zusätzliche Stellen für Unterricht für Flüchtlingskinder, Bezirksverwaltung und Jugendarbeit soll es geben. 19 Stellen soll das städtische Unternehmen "Fördern und Wohnen" bekommen.
Auf dieses Urteil schielen nun auch andere Unterkunftsgegner in der Stadt. Die Bürgerinitiative Oststeinbeker Weg etwa prüft jetzt auch rechtliche Schritte. „Es ist fraglich, ob die im gegenwärtigen Bebauungsplan ausgewiesene Nutzungsart Schule mit einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung vereinbar und die nachbarlichen Interessen ausreichend berücksichtigt wurden“, sagt Michael Fröhlich von der Initiative. Am Oststeinbeker Weg in Billstedt sollen bald die Bauarbeiten für eine provisorische Flüchtlingsunterkunft beginnen.
Auch in der Zentralen Erstaufnahme werden mehr Schlafplätze gebraucht. Die Innenbehörde will dauerhaft 400 Schlafplätze und zu Spitzenzeiten 450 weitere in den Containerunterkünften in der Schnackenburgsallee bereitstellen. In den letzten Monaten waren deutlich mehr als 400 Plätze belegt – allein im Mai waren es laut Ausländerbehörde 542.
Antje Möller, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert, dass viele Flüchtlinge nicht von der Maßnahme profitieren werden. Auch Flüchtlinge mit Duldung und im Asylverfahren fielen ohnehin aus dem Konzept gegen Wohnungslosigkeit.
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