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Hamburg kann auch humanVon der Elbe führt kein Weg zu Ebola

Hamburg schiebt vorerst keine Flüchtlinge in Länder ab, in denen das Ebola-Virus wütet.

Ärzte desinfizieren in Liberia ein Ebola-Opfer: Hamburg will Menschen nicht mehr in Länder abschieben, in denen das Virus grassiert. Bild: dpa

HAMBURG taz | Hamburg schiebt keine Menschen in Länder ab, in denen sich das Ebola-Virus verbreitet hat. Das teilte die Innenbehörde auf Anfrage mit. Seit der Kenntnis über die Epidemie untersagt demnach eine interne Regelung Abschiebungen in fünf westafrikanische Staaten. Von der Regelung betroffen waren in diesem Jahr bereits 185 Menschen aus Liberia, Sierra Leone, Guinea, Nigeria und Senegal, die eigentlich abgeschoben werden sollten. „Es sind keine Rückführungen in Ebola-Gebiete geplant“, sagt Sprecher Frank Reschreiter.

Einen solchen Erlass gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen nicht. In Niedersachsen leben momentan 200 Menschen, die in die betroffenen Länder zurückgeschickt werden sollen. Die Asylbewerber hätten die Möglichkeit, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ihre Gefährdungssituation prüfen zu lassen, so das niedersächsische Innenministerium. Die Flüchtlinge müssten nachweisen, dass sie in ihren Heimatländern individuell gesundheitlich gefährdet sind.

In Mecklenburg-Vorpommern sind laut Innenministerium aktuell zwölf Personen aus dem Ebola-Verbreitungsgebiet „ausreisepflichtig“. Selbstverständlich würden die Bedingungen in den Herkunftsländern bei Abschiebeentscheidungen berücksichtigt, sagt die Sprecherin der Behörde, Marion Schlender. Von einem Abschiebestopp wegen des Ebola-Virus war jedoch nicht die Rede.

In Bremen wurden aus den fünf betroffenen westafrikanischen Ländern in diesem Jahr alle 195 Abschiebungen vorübergehend ausgesetzt, teilt die dortige Innenbehörde mit. Momentan seien alle Flüchtlinge aus dem Ebola-Verbreitungsgebiet geduldet, keine Person sei von einer Abschiebung bedroht. Einen generellen Erlass wie in Hamburg habe es jedoch auch von der Bremer Innenbehörde nicht gegeben. Vielmehr seien die Einzelfälle geprüft worden. Dabei hätten andere Gründe gegen die Abschiebungen gesprochen, die Entscheidungen seien unabhängig von der Ebola-Epidemie gefallen.

Die Bundesländer können einen Abschiebestopp offiziell für maximal ein halbes Jahr beschließen, danach muss das Bundesinnenministerium zustimmen. Allerdings gebe es Möglichkeiten, auch ohne einen offiziellen Stopp die Abschiebungen nicht auszuführen, sagt Tobias Klaus von Pro Asyl. So würden viele Bundesländer prinzipiell nicht nach Afghanistan ausweisen, ohne dass es einen gesetzlichen Abschiebestopp gebe. Einen generell verhängten Stopp wegen einer Krankheitsepidemie habe es seines Wissens nach noch nicht gegeben. Krankheiten in den Herkunftsländern könnten nur in Einzelfällen eine Abschiebung verhindern, wenn eine Gefahr von Leib und Leben bestünde, sagt der Mitarbeiter von Pro Asyl.

Die Asylanträge aus westafrikanischen Ländern würden normalerweise rigoros abgelehnt, sagt Klaus. So hat das BAMF beispielsweise im vergangenen Jahr von 88 geprüften Asylanträgen von Flüchtlingen aus Sierra Leone 25 Personen Flüchtlingsschutz oder ein Abschiebeverbot gewährt. 38 der geprüften Anträge wurden direkt abgelehnt.

Die Hamburger Innenbehörde hält die Abschiebungen momentan für nicht zumutbar. Man habe die Reisewarnungen und Hinweise des Auswärtigen Amtes bei der Entscheidung mit berücksichtigt. Wie lange der intern beschlossene Abschiebestopp gelten soll, dazu nimmt die Behörde vorerst keine Stellung. „Bis auf Weiteres“, heißt es nur.

Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft fordert in einem Antrag nun ein generelles Abschiebeverbot bis zum April des kommenden Jahres. „Die Ausbreitung von Ebola beunruhigt mich hier.“, sagt die Abgeordnete Christiane Schneider. „Welche Angst müssen erst die Menschen haben, die nach langem Aufenthalt in Deutschland nun in die betroffenen Gebiete geschickt werden?“

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