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HallaliDer leidenschaftliche Oberjäger

Gegen Agrarminister Christian Meyer (Grüne) will Niedersachsens Jäger-Verbandsvorsitzender Helmut Dammann-Tanke (CDU) klagen.

Helmut Dammann-Tanke kommt seinem Role-Model nahe. Bild: dpa

HANNOVER taz | Jäger aus Leidenschaft ist Helmut Dammann-Tamke, Jäger seit Jahrzehnten. Der CDU-Landtagsabgeordnete unterstützt die Kampagne „Lernort Natur“ – mit der bläut der Deutsche Jagdverband SchülerInnen ein, das getötete Wildtiere „hochwertige Lebensmittel“ seien.

Außerdem ist der Landwirt, der seinen Wohnort mit „Ohrensen (Nähe Harsefeld)“ angibt und den Wahlkreis Buxtehude vertritt, Präsident der Landesjägerschaft. Und deshalb zielt der 53-Jährige gern auf Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer.

Wider die Schonfrist für Graugänse

Dieser Grüne arbeite an „einem Angriff auf das System der flächendeckenden Jagd“, poltert der Oberjäger. Denn Dammann-Tamke will Meyers erst im Herbst vorgestellte Jagdzeitenverordnung abschießen. Die regelt etwa, dass mitten in Vogelschutzgebieten auf Graugänse geschossen werden darf – allerdings nur vom 1. August bis 30. November und nicht wie im Rest des Landes bis zum 15. Januar.

Naturschützer halten Meyers Novelle deshalb für weichgespült – der CDU-Agrarexperte aber droht dem Minister mit der Justiz: „Wir ziehen noch im April vor das Oberverwaltungsgericht“, sagte der Massentierhalter, in dessen Ställen Tausende Schweine und Hühner stehen, der Hannoverschen Allgemeinen.

Wo bleibt das Recht auf Schwanzabschneiden?

Überhaupt, die Massentierhaltung: Sie macht Dammann-Tamke zu so etwas wie dem natürlichen Fressfeind des Landwirtschaftsministers. Immer, wenn es im Landtag gegen den Grünen gehen soll, muss der Diplom-Agraringenieur ran: Meyer behindere die Wettbewerbsfähigkeit der Bauern, zürnt Dammann-Tamke mit bedrohlich rollendem R. Skandale wie der ums Pferdefleisch in Fertiggerichten werden zur Nebensache.

Wichtig bleibt das Recht, Mastschweinen die Ringelschwänze abschneiden zu dürfen – die zusammengepferchten, gestressten Tiere würden sich sonst gegenseitig anfressen. Helfen könnte da nur eine artgerechtere Tierhaltung mit viel Platz – fast wie bei der Jagd.

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2 Kommentare

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  • In dem "Lernort Natur" wird den Kindern schon etwas mehr vermittelt, als das Tiere hochwertige Lebensmittel sind.

     

    Wenn man mal einen Blick in die Geschichte der Menschheit wird, wird man aber auch feststellen, dass Tiere aber auch genau das sind. Nur weil man sich ihre domestizierten Artgenossen heute im Supermarkt bereits kochfertig zubereitet kaufen kann, ändert das noch nichts an der Tatsache. Deswegen sind Wildtiere auch nicht etwas, was mystisch verklärt werden müsste.

  • Das kupieren der Schwänze ist für die Schweine eindeutig das kleinere Übel, denn das Abfressen erzeugt weit mehr Schmerzen. Und mit mehr Platz ist dem Problem nicht beizukommen, dass zeigen die Erfahrungen der Bio-Betriebe – z.B. hier:

    http://www.animal-health-online.de/gross/wp-content/uploads/2015/03/Graspellets.pdf

    Das wird auch keine Lösung sein, aber man arbeitet zumindest dran. Dem Meyer ist das Problem wohl bekannt, er will es nur nicht wissen. Tierwohl wird nur selektiv instrumentalisiert, wenn es in die eigene Ideologie passt.

    Zurück zu den alten Fettschweinen, bei denen ist die Veranlagung zum Schwanzbeißen nicht so stark. Nur, dann müssten die Verbraucher auch wieder fettes Fleisch kaufen – und das verstößt dann wieder gegen die „Fett ist böse“ Ideologie, die weitgehend aus dem gleichen Lager der „Schwanzretter“ kommt.