Die Voraussetzungen: Sportlich ist es das vorgezogene Finale. Beide haben gegen Argentinien bzw. Brasilien hervorragende Partien gezeigt, mit die besten des Turniers. Zwei enorm starke Offensiven treffen auf Innenverteidiger, die nicht immer das allerhöchste Niveau haben halten können. Halbfinals sind sehr selten schöne Spiele, aber es wäre enttäuschend, wenn das kacke würde.
Und dann der kulturelle Aspekt: Frankreich und Belgien verbindet eine Art Hassliebe. Die Belgier sind in Frankreich Ziel des Spottes, sie seien langsam, einfältig, verfressen, davon erzählen hunderte Witze. Die Franzosen hingegen gelten den Belgiern als arrogant, selbstherrlich, triebhaft.
Das Ergebnis: 1:0 (0:0).
Das Spiel:Es geht munter los, Belgien nimmt – putain de merde – das Heft in die Hand, weil Frankreich seine Bälle nicht ordentlich spielt. Allein Pavard packt in zehn Minuten zwei Fehlpässe aus, die hätten weh tun können. Überhaupt sah Pavard bei Dribblings von Hazard und De Bruyne bisweilen so aus, als hätte er keine Kniegelenke. Selbst wenn Frankreich in die Konter kommt, lässt sich Belgien davon überhaupt nicht beeindrucken; Hazard tänzelt, Lukaku lauert, Chadli schlägt Ecken. It was a matter of time, wie der Frankophile sagt.
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
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Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
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Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
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Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
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Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
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Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
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Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
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Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
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Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
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Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
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Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
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Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
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Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
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Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
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Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
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Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
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Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
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Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
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Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
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Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
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Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
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Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
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Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
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Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
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Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
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Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
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Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
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Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
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Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
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Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
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Aber hey, Mbappé, dieser homme pressé. Zur Not reicht auch ein Steilpass. Der Typ rennt ja sogar dem Licht davon. Kommt ein Ball günstig nach vorne, haut's der Kuh die Hörner weg. Oder Griezmann. Oder ein Standard. Soweit, nach 25 Minuten, zur Theorie. Aber was wäre Frankreich, wenn es nicht auch Theorien materialisieren könnte! Es wäre nichts, rien de rien. Und so schicken sie sich an, ein bisschen mitzuspielen. Griezmann und Giroud nahmen sich Abschlüsse der Kategorie „fällt rein, wenn Uranus und Merkur zusammen im dritten Haus stehen“; Pavard hatte dann die große Chance, aber Courtois fährt die Teleskop-Fußspitze aus.
Und dann: Eckball Frankreich, putarelle, und wahnwitzigerweise verliert Fellaini bei einem Eckball sein drittes Kopfballduell en suite, und sacrebleu, Samuel Umtiti köpft den Ball ins Tor. Macron auf der Ehrentribüne schüttelt Hände, in der Disziplin hatte er ja neulich eine Fortbildung in Washington. In der Folge bestand Frankreich bedauerlicherweise darauf, seine fürderhin vorgetragenen Angriffe von Giroud abschließen zu lassen; dommage, dommage, wie Desireless einst sang. Es könnte sonst leicht 2:0 stehen. Belgien versucht es in der Folge mit dem Rezept, nach dem die Oma schon gekocht hat: hohe Bälle auf Lukaku und Fellaini.
Das schmeckt den Franzosen: Ah, c'est si bon (Yves Montand). Die letzte halbe Stunde beweist Frankreich Eigenschaften, für die Vorgängermannschaften nicht bekannt wurden: Disziplin und Cleverness. Sie können Abwehr, und das reicht dann, und dem Zuschauer reicht es dann auch mal.
Die historische Anekdote des Spiels: In Lüttich dachte man um 1870 über innovative Methoden nach, wie Post in die anliegenden Dörfer zuzustellen sei. Sie nahmen wasserfeste Behälter und hingen sie 37 Viechern um, und diese Viecher waren – Katzen. Ja, Katzen. Man gab sich optimistisch: „Wenn nicht die kriminelle Kaste der Hunde die Katzen bestiehlt, werden die Nachrichten schnell und sicher zugestellt werden.“ Das erwies sich als Irrtum, wie jeder ahnt, der schon einmal eine Katze von nahem gesehen hat.
Der Kulturtipp des Spiels: Klar hat es im Vorfeld dutzende Comic-Anspielungen gegeben, Asterix hier, Hergé dort. Seltener erwähnt wurde der großartige, fantastische, fabulöse Franquin, nicht nur Schöpfer des lustigsten aller Comichelden, Gaston Lagaffe, sondern der auch mit seinen Idées noires einen bitteren, melancholischen Band gezeichnet hat, der heute wieder einen Nerv trifft.
Und nun? Finale! Das dritte der Geschichte. Das erste war spektakulär schön, der erste Gewinn einer WM für Frankreich überhaupt; das zweite war brutal spektakulär, mit dem Kopfstoß Zidanes; fürs dritte müssen sich die jungen Blauen jetzt was einfallen lassen.
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Nach der Hälfte des Artikels habe ich abgebrochen. Französische Phrasen und Sprichwörter die ich googlen muss weil ich der Sprache nicht mächtig bin, schön und gut. Aber bei "putarelle" spuckte die Internetsuche nichts verständliches mehr aus.
Und der Teil den ich lesen konnte, den fand ich nichtssagend.
Schade.
4G
4845 (Profil gelöscht)
Der ARtikel ist Unsinn. Denn Respekt vor den Belgiern. Sie haben bis zur aller letzten Minute hart gekämpft und alles gegeben. Es war denkbar knapp.
Ich kann da keine Respektlosigkeit erkennen. Ich habe den Belgiern die Daumen gedrückt, aber Frankreich war gestern – abgesehen von der Anfangs-Viertelstunde – das bessere, weil abgeklärtere Team. Ein verdienter Sieg.
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