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Häusliche Gewalt in DeutschlandVom eigenen Partner geschlagen

Partnerschaftsgewalt passiert jeden Tag. Rund 130.000 Menschen wurden 2015 Opfer von Beziehungstaten. Die Täter waren meistens Männer.

Viele Opfer schämen sich für die Gewalt ihres Partner und zeigen ihn nicht an Foto: imago/Blickwinkel

Berlin taz | Ein Mann schleift seine Ehefrau mit dem Auto durch die Straßen einer Stadt. Die Frau hat einen Strick um den Hals, vorher hat der Mann mit einem Messer zweimal auf den Körper der Frau eingestochen. Hinten im Auto sitzt der zweijährige Sohn und hört die Schreie seiner Mutter.

Ein schauriger Fall, der sich gerade in Hameln in Niedersachsen ereignet hat. Partnerschaftsgewalt passiert jeden Tag in Deutschland – wenn auch nicht immer in dieser Drastik. Opfer sind vor allem Frauen, Täter meist Männer. Das belegt eine aktuelle Kriminalstatistik. Demnach wurden im vergangenen Jahr 127.457 Menschen in Deutschland Opfer von Gewalt der Partner oder Expartner: Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Körperverletzung, Stalking, Beleidigung. 82 Prozent davon sind Frauen. Die Täter: 80 Prozent Männer.

„Partnerschaftsgewalt ist keine Privatsache“, sagte Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, der die erste Polizeistatistik zu Partnerschaftsgewalt am Dienstag vorstellte. Münch geht davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist, weil nicht alle Taten angezeigt werden. „Opfer empfinden ihre Situation häufig als aussichtslos“, sagt Münch. Deswegen würden sie die Übergriffe des Partners vielfach verschweigen. Zwei Drittel der Opfer holen sich einer Erhebung der Europäischen Grundrechteagentur zufolge keine Hilfe, selbst dann nicht, wenn sie äußerst schwere Gewalt erleben.

Wann kommst du nach Hause?

Gewalt eskaliert nicht plötzlich. „Sie folgt einer bestimmten Dynamik“, sagt Petra Söchting, Leiterin des Hilfetelefons Gewalt gegen Frauen. Es beginnt mit Kontrolle per SMS: Wann kommst du nach Hause? Die Gewalt reicht von Beschimpfungen, Bedrohungen, seelischem Terror bis hin zu körperlicher Gewalt: Würgen, Treten, Schlagen.

Frauen, die sich trennen wollen oder schon von ihrem Partner getrennt leben, sind am stärksten von Partnergewalt betroffen. In 43 Prozent der Todesfälle des Jahres 2015 mit Frauen als Opfer waren Partner oder Expartner die Täter. Gewöhnlich werden nur besonders dramatische Fälle öffentlich. Wie der von Semanur O. vor vier Jahren in Berlin: Ihr Mann, Orhan S., verprügelte und würgte seine Frau regelmäßig; sie drohte manchmal damit, ihn zu verlassen. Bis er sie eines Tages tötete, ihr eine Brust und den Kopf abschnitt.

Mitunter ahnen Nachbarn, was nebenan los ist. Was tun? Sollen sie die Polizei rufen? Ja, sagt Münch: „Schweigen schützt den Täter und begünstigt weitere Gewalt.“ Zeugen könnten sich auch beim Hilfetelefon melden. Unter (08 00) 0 11 60 16 wird in 15 Sprachen beraten – laut Ministerin Manuela Schwesig (SPD) gab es bislang über 100.000 Gespräche. Die Hotline richtet sich an Opfer, aber auch an Menschen, die der Freundin oder Nachbarin helfen wollen.

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2 Kommentare

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  • Es wird vielfach so dargestellt, als ob Partnerschaftsgewalt ein Geschlechterproblem wäre. Wenn aber selbst bei den offiziellen Zahl 20% der Täter_innen weiblich sind, dürfte die Realität wohl eher bei 60% (Männer) zu 40% (Frauen) sein. Schliesslich gibt es keine Hilfsangebote für geschlagene Männer und ein Mann, der die Polizei zu Hilfe ruft, muss nicht selten damit rechnen, selbst als alleinig Beschuldigter zu enden.

    Daher müssen Hilfsangebote und Justiz weg vom sexistischen Stereotyp. Dies ist nicht so einfach als in der bisherigen Denke ohne Aufnahme des Tatbestands schon zu "wissen" wer Schuld hat. Und natürlich ist dies auch kein Reinwaschen der gewalttätigen Männer. Nur müssen wir den Sexismus endlich hinter uns lassen. Das Geschlecht sagt uns einfach nicht, wer Opfer und wer Täter_in ist.

  • Wann gibt es eigentlich endlich mal Proteste von Männern* gegen Gewalt an Frauen? ... Ich denke die Ursachen für solche Gewalt liegen in dem Ego der Täter (egal welches Geschlecht), unsere Gesellschaft beruht auf HIerarchien, vor allem in ökonomischen Sinn, und produziert dazu noch die Stereotype, die Gewalt rechtfertigen, besonders eben von Männern an Frauen. Wenn ich mitbekomme, wie (junge) Männer über Frauen reden, und wie Frauenrollen immernoch im TV dargestellt werden ohne die ökonomischen Abhängigkeit als ursächlich zu nennen, wundert es mich auch nicht, dass es so viel körperliche Gewalt gibt. Verbale Gewalt ist ja anschienend für alle schon normal geworden. Das ist aber der erste Schritt. Natürlich entbindet das niemanden von der eigenen Verantwortung, wie sie sich anderen Menschen gegenüber verhalten - Reflektion halt!