Härterer Kurs gegenüber China: EU legt Deal in den Kühlschrank
Die Kommission stoppt Verhandlungen über ein Investitionsabkommen. Firmen sollen zudem besser gegen Wettbewerber aus Fernost geschützt werden
Handelskommissar Valdis Dombrovskis kündigte überraschend an, dass das Ende 2020 unter deutschem EU-Vorsitz ausgehandelte Investitionsabkommen mit China auf Eis gelegt werde. „Wir haben unsere Vermittlungsbemühungen ausgesetzt“, erklärte der mächtige Vizepräsident der Kommission. Wegen des Streits um Sanktionen gebe es aktuell keine Aussicht auf Ratifizierung.
Hintergrund sind die Strafmaßnahmen, die die EU im März gegen China verhängt hatte. Sie wurden allerdings nicht mit Chinas Wirtschaftspolitik, sondern mit der Repression gegen die muslimische Minderheit der Uiguren begründet. Als Reaktion auf die EU-Sanktionen verhängte Peking seinerseits Strafen gegen EU-Politiker, darunter den grünen Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer und seinen CDU-Kollegen Michael Gahler.
Seither hat das Parlament auf stur geschaltet. Die Beratungen über das Abkommen wurden ausgesetzt, die Parlamentarier forderten ein härteres Vorgehen gegen China. Nun hat Dombrovskis die Notbremse gezogen. Das Abkommen, das als letzter großer „Deal“ unter dem Ratsvorsitz von Kanzlerin Angela Merkel galt, wurde vorerst gestoppt. Es sollte deutsche und europäische Investitionen besser absichern und Peking auf internationale Standards verpflichten.
EU-China-Politik „vor einer Neubestimmung“
Damit ist es erst mal vorbei. Der Deal liege „im Kühlschrank“ und werde dort noch jahrelang bleiben, sagte der Vorsitzende des Handelsauschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD). Die EU-China-Politik stehe „vor einer Neubestimmung“, freute sich der Grüne Bütikofer. Ähnlich äußerte sich Außenminister Heiko Maas (SPD) am Rande des G-7-Treffens in London, wo er sich ebenfalls gegen China positionierte.
Die EU-Kommission will es aber nicht bei einem „No Deal“ belassen. Sie legte zwei Entwürfe vor, mit denen sie die Wirtschaft gegen chinesische Wettbewerber abschotten will. So offen wurde dies allerdings nicht gesagt. Um dem Vorwurf des Protektionismus zu entgehen, spricht man in Brüssel lieber vornehm von „ausländischen Subventionen“ und einer „offenen strategischen Autonomie“.
Der Gesetzentwurf gegen „ausländische Subventionen“ soll sicherstellen, dass staatlich gestützte Firmen aus China bei öffentlichen Aufträgen und Übernahmen in Europa nicht bevorzugt werden. Ab bestimmten Schwellenwerten soll es künftig eine Auskunftspflicht geben. Brüssel würde dann prüfen, ob die Subventionen den Wettbewerb verzerren. Bei ernsten Problemen könnte die EU die Vorhaben untersagen.
Verhindern strategischer Abhängigkeiten
Gegen Peking richtet sich auch die neue Politik der „offenen strategischen Autonomie“. Hier geht es darum, in strategisch wichtigen Bereichen mehr in Europa zu produzieren. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Wirtschaft autonomer werden müsse, heißt es zur Begründung in Brüssel.
„Die größte Herausforderung liegt im Verhindern strategischer Abhängigkeiten von morgen“, sagte Dombrovskis. Dies gelte etwa für Chips, Batterien oder Wasserstoff. Bei all diesen Technologien hat China derzeit Vorteile. Brüssel will nun mit gezielten Förderprogrammen gegensteuern.
Dass die EU dabei selbst zu Subventionen greift, gilt in Brüssel als unproblematisch. Sowohl Europaparlament als auch die Wirtschaft signalisierten am Mittwoch Unterstützung für die neue Strategie, mit der sich die EU von ihrer alten Doktrin der offenen Märkte verabschiedet.
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