HOCHWASSER: DIE UNION SCHÜRT GEZIELT DIE ANGST VOR PLÜNDERUNGEN: Das infame Spiel der CDU
Die Union hat seit zehn Tagen einen Wahlkampf zu bestreiten, der nur noch eine Überschrift trägt: Wie verhindern wir, dass einen Monat vor der Bundestagswahl Sozialdemokraten und Grüne von der Sommerflut profitieren – als coole Problemlöser und effiziente Finanzkrisenbewältiger? Doch dazu haben sie keine Chance. Was bei Schröder, Eichel und Trittin wie Handlungen im Sinne reiner Vernunft aussieht, ähnelt bei CDU und CSU immer mehr einer Leid fleddernden Show. Eigentlich kann die Union nur abwarten, ob ihr Imagevorsprung aus den Monaten vor der Naturkatastrophe noch bis zur Wahl reicht.
Dass die Union dieses Selbstvertrauen offenkundig nicht hat, beweist eine Äußerung des Unionspolitikers Wolfgang Bosbach. In der Bild-Zeitung lässt der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion sich vernehmen, Plünderer müssten härter bestraft werden. Plünderer? Menschen, die in den Häusern und Wohnungen der Evakuierten stehlen? Niemand hat bisher etwas von Plünderern gehört. Tatsächlich vermelden die Polizeistellen in dieser Hinsicht Einzelfälle. Was sie aber auch berichten, ist, dass die evakuierten Menschen sich eben darum sorgen – und dass man sie mit dem Hinweis beruhigt, kein Landstrich sei momentan so gut überwacht (und kriminalitätsarm) wie jener, der von Wassern überflutet worden ist.
Das weiß auch Bosbach, aber dieses Wissen steht seiner politischen Idee entgegen, dem Krisenmanagement subtil zu unterstellen, unter dessen Ägide seien Plünderungen möglich. Was jedoch dem Unionsmann gleichfalls bekannt sein müsste: Möglich ist alles und immer. Aber in diesen Tagen, rund um die ostdeutsche Elbe, eben nicht. Dafür sind die Ordnungskräfte dort viel zu präsent. Aber dieses Wissen taugt nicht für ein heimtückisches Spiel mit der Furcht von aus dem Alltag gerissenen und von Armut bedrohten Menschen. Was ist das also, was Bosbach artikuliert? Ein infames Spiel mit den Ängsten der Menschen, ein vorsätzliches Aufwiegeln von Befürchtungen, vorurteilssatt und kalkuliert zugleich. Der Union schwimmen die Felle davon. JAN FEDDERSEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
