piwik no script img

HOCHSCHULPAKTKopfgeld auf Erstis

22.000 Euro Belohnung bekommen Unis für einen Studienanfänger. Geld, das Schleswig-Holstein dringend braucht. In Kiel aber stagniert die Zahl der Erstsemestler.

Protest gegen Finanzlage der Uni Kiel. Mehr Erstis könnten helfen. Bild: dpa

Ein "Studentenboom" ist an der Kieler Christian-Albrechts-Universität ausgebrochen, vermeldete der NDR am Montag. Rund 4.158 Studienanfängern haben sich demnach in diesem Wintersemester eingeschrieben. "Die Situation ist so, wie wir uns das vorgestellt haben", sagt eine Sprecherin der Universität.

Im Vergleich zu vergangenen Semestern stagniert die Zahl jedoch. Dabei müssten sogar weitaus mehr Erstsemester gezählt werden, weil in diesem Jahr viele Fächer ausschließlich erst im Wintersemester beginnen. Der Negativtrend ist nicht neu: Der Universität zufolge schrieben sich 2006 im Sommer- und Wintersemester etwa 5.300 Studenten ein, 2007 waren es nur 5.170.

Dabei kämpft die Universität um jeden Studienanfänger. Laut den Vereinbarungen des Hochschulpaktes 2020 haben sich die Hochschulen verpflichtet, die Zahl ihrer Studienanfänger zu erhöhen. Dadurch soll dem Anstieg der Studierendenzahlen und dem Fachkräftemangel Rechnung getragen werden. Demnach müssen in Schleswig-Holstein zwischen 2007 und 2010 etwa 3.970 zusätzliche Erstsemester gemeldet werden. Jeden Studienplatz finanzieren Bund und Land mit 22.000 Euro. Geld, das die schleswig-holsteinischen Bildungsstätten dringend benötigen.

"Das Universitätssystem des Landes ist unterdimensioniert und unterfinanziert", bemerkt der schleswig-holsteinische Universitätsrat in einer Stellungsnahme. Die drei Universitäten in Kiel, Lübeck und Flensburg seien personell und in ihrer Ausstattung international nicht wettbewerbsfähig. Nicht verwunderlich sei zudem, dass "Schleswig-Holstein erheblich weniger Hochschulabsolventen aufzuweisen hat als andere Bundesländer", klagt der Rat. Die Kritik trifft auch den Hochschulpakt: Dieser sei unzureichend und allein von einer quantitativen Zielsetzung bestimmt.

Tobias Langguth, Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses in Kiel, weiß um die Nachteile des Programms für den Uni-Alltag. "Der Hochschulpakt belohnt die Zahl der Studienanfänger, nicht der Abschlüsse", sagt er. Trotz geschaffener Studienplätze erhöht sich die Zahl der Professoren nicht wesentlich. "Es kommt dadurch zu einem schlechten Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten", sagt Langguth. Die Professoren würden das Kapazitätsproblem auf ihre eigene Art lösen: "Sie sieben in den ersten Semestern aus."

Dennoch rührt die Universität Kiel kräftig die Werbetrommel, um Abiturienten für sich zu interessieren. So wurden in den vergangenen Jahren etliche Studienfächer von der Zulassung befreit. Anziehen dürfte viele junge Leute jedoch vor allem die Tatsache, dass Schleswig-Holstein vorerst keine Studiengebühren verlangt. Der Rückgang der Erstsemester zeigt indes, dass diese Maßnahmen allein noch nicht genügen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • IW
    Ich war drüben

    Wie bei den Amis... Es gab genug warnende Stimmen! Sorry!