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HAU 2 in BerlinDie Füße machen den Sound

Performerin Kat Válasturs zeigt ihre Soloperformance „Dive into you“ im HAU 2 in Berlin. Dabei knüpft der Tanz Verbindungen zu magischen Ritualen.

Kat Valástur scheint über die gesamte Performance hinweg wie in Trance zu sein Foto: Dieter Hartwig

Ein Dröhnen und Schwingen füllt den Raum, sodass die Sitzreihen vibrieren. Alles wird von diesen Klängen eingenommen. Wie besessen wiegt und zuckt der Körper von Kat Válastur dazu im flackernden Licht, auf einem Stuhl sitzend, Haare verdecken das Gesicht. Sie ist das Orakel – das Tor zum Göttlichen und Unbekannten.

Die Performerin bringt in ihrer neuen Arbeit „Dive Into You“ im HAU 2 anhand der Figur des weiblichen Orakels das Archaische und Mystische auf die Bühne und setzt beides in Verbindung mit dem Natürlichen, dem Wachstum von Bäumen und photosynthetischen Prozessen. Sie schafft einen Raum, der zwischen heilig und dystopisch schwankt, zwischen natürlich und Science-Fiction.

Das gelingt vor allem durch die Sounds von Aho Ssan, die den gesamten Abend tragen und in perfekter Symbiose mit den Bewegungen der Tänzerin funktionieren. Sie sind inspiriert von den Klängen des Semantrons, eines Holzschlaginstruments, das vor allem in Kirchen verwendet wird und tiefe, resonante Klänge erzeugt.

Der Boden ist bedeckt mit Erde

Von Beginn an und beinahe über die gesamte Vorstellung hinweg sitzt – oder thront – Kat Válastur auf einem Stuhl, der wiederum auf einer ovalen Holzplatte positioniert ist. Diese erinnert an eine Baumplatte, aber könnte auch als Floß oder Raumschiff interpretiert werden. Oder eben als Semantron, das Válastur mit ihren Füßen spielt. Der Boden ist bedeckt mit Erde und unter der Platte schlängeln sich Kabel – oder sind es Wurzeln? – hervor. Auf so simple Weise, durch Materialien und Formen, gelingt diese Mischung aus Natürlichem und düsteren Sci-Fi-Visionen.

Die Tänzerin selbst scheint über die gesamte Performance hinweg wie in Trance zu sein. Die Bewegungen steigern sich von einem Zucken zu immer größer werdenden, ekstatischen kreisenden und schwingenden Bewegungen. Jedes Stampfen mit den Füßen löst ein durchdringendes Wummern aus. Manchmal ist unklar, was hier wen beeinflusst – die Musik die Bewegung oder umgekehrt. Es folgen wieder sanftere Momente, in denen sich der Körper wiegt, ein wenig zur Ruhe kommt, bevor er wieder von etwas besessen scheint und voll Spannung zuckt.

Obwohl Válastur sitzend performt, ist die gesamte Performance unglaublich dynamisch und energetisch und wird zu keinem Zeitpunkt langweilig. Es ist viel eher beeindruckend, wie viel Bewegung auf einem einzigen Stuhl stattfinden kann.

Alles vibriert und hallt

Zusammen mit dem Sound- und Lichtdesign saugt die Performance das Publikum wie in eine Zwischenwelt, irgendwo zwischen menschlichem Leben und düsterer Unterwelt. Auch die Zu­schaue­r*in­nen werden durch all die Schwingungen in den Bewegungen und in der Musik in eine Art Trance versetzt, die im Körper spürbar ist. Alles vibriert und hallt, manchmal knistert die Luft und jedes Stampfen fährt durch Mark und Bein. Man scheint einem Ritual beizuwohnen.

Die Performance beschwört unzählige Bilder und Assoziationen herauf, die sich aber auf wunderbare Weise zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk vereinen. Alles passt hier zusammen und ergibt in der Kombination Sinn: das Natürliche mit den technischen und damit futuristischen Elementen, das Mystische, die Figur des Orakels, Düsternis und Dystopie. Das funktioniert durch das perfekte Zusammenspiel von Tanz, Ton und Licht und der starken Präsenz von Kat Válastur.

Es ist ein absolut atmosphärischer Abend, der sein Ziel erreicht. Es ist nicht konkret greifbar, was auf der Bühne passiert, aber das ist die Befragung eines Orakels ja auch nicht. Am Ende braucht es eine Weile, um wieder im Hier und Jetzt anzukommen.

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