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Gwangju-Jahrestag in SüdkoreaGedenken mit Grenzen

Zum 36. Jahrestag des Gwangju-Aufstands verweigert Südkoreas Regierung Aktivisten die Einreise. Auch soll die damalige Hymne nicht erklingen.

Eine Frau gedenkt den Opfern des Gwangju-Aufstands von 1980 Foto: dpa

Seoul taz | Als Rhee Jong-hyeon am Donnerstag mit seiner Frau Ursula am Flughafen Incheon landete, war dies für den Deutschkoreaner nicht zuletzt eine Reise in seine Heimat, die er bereits 1965 gegen eine Zeche im Ruhrpott eingetauscht hat. Als einer von 8.000 koreanischen Bergarbeitern schaffte er die dringend benötigten Auslandsdevisen heran und legte den Grundstein für das spätere Wirtschaftswunder am Han-Fluss.

Nun wollte der 80-Jährige in der südwestlichen Stadt Gwangju einen Vortrag über die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung in seiner Heimat halten. Bereits bei der Passkontrolle jedoch wurde das Ehepaar Rhee von Sicherheitsbeamten in einen Hinterraum geführt, zwei Stunden lang verhört und schließlich des Landes verwiesen. „Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film“, sagt Ursula Rhee. „Ich kam mir vor wie ein Terrorist.“

Genau so scheint das südkoreanische Justizministerium ihren Ehemann einzustufen: Rhee stelle eine Bedrohung für die nationale Sicherheit dar, heißt es in der vagen Begründung. Genauere Angaben nennt die Regierungsbehörde auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht. Für Deutschkoreaner Rhee ist es das erste Mal, dass ihm seine einstige Heimat den Zutritt verwehrt: „Solange die Regierung an der Macht bleibt, können wir nicht mehr nach Korea, das ist sicher.“

Offensichtlich wird dem Wahl-Duisburger sein politisches Engagement zum Verhängnis: Bereits in den 70er Jahren demonstrierte Rhee gegen die Militärdiktatur von Park Chung-hee, dem Vater der jetzigen Präsidentin Park Geun-hye. Auch im Seniorenalter trägt der Koreaner noch seinen Unmut über die politische Elite auf die Straße: Nach dem Sewol-Schiffsunglück, bei dem fast 300 Oberschüler starben, fordert er Aufklärung über die politischen Verstrickungen der Tragödie; und gegen die umstrittene Einigung mit Japan im Fall der sogenannten „Trostfrauen“ organisiert Rhee Proteste.

Vor allem aber veranstaltet der Deutschkoreaner jedes Jahr ein Gedenktreffen zu Ehren des Gwangju-Aufstands, der sich am Mittwoch zum 36. Mal jährt. Mehrere Tage lang besetzten damals über 200.000 Bürger das Stadtgebiet, nachdem das Militär das Kriegsrecht verhängt hatte und jegliche Hoffnung auf freie Wahlen zerstörte. Brutal schlugen die Soldaten den Aufstand nieder. Mehrere hundert Aktivisten wurden regelrecht niedergemacht – zuerst mit Bajonetten, später mit Maschinengewehrsalven.

Gwangju-Aufstand polarisiert noch immer

„Jungen Leuten, Schulkindern und Studenten wurden vorsätzlich in den Kopf geschossen“, wird sich der deutsche Jürgen Hinzpeter später bei einem Gedenktag erinnern. Dem damaligen Kameramann des ARD-Büros in Tokio ist zu verdanken, dass die Welt trotz der strengen Zensur von den Ereignissen Notiz nahm. Hinzpeter drehte damals die einzigen Videoaufnahmen des Aufstands und wird seitdem in progressiven Kreisen als Volksheld verehrt. Im Januar dieses Jahres verstarb der gebürtige Lübecker. Während der diesjährigen Gedenkzeremonie wird seiner Verdienste gedacht.

Hinzpeters Witwe mit einem Portrait ihres Mannes Foto: dpa

Die Ereignisse von damals polarisieren die Gesellschaft noch immer. Am Montag lehnte die Regierung den Wunsch der Zeitzeugen ab, während der Gedenkfeier den einstigen Protestsong der Aktivisten als offizielle Hymne von allen Anwesenden singen zu lassen. Dies wird nicht zuletzt damit begründet, dass das Lied in einem nordkoreanischen Spielfilm von 1991 als Hintergrundmusik verwendet wurde.

„Konservative Kreise bestehen noch immer darauf, dass Gwangju ein Akt des Terrors war, und dass das Militär lediglich für soziale Stabilität gesorgt hat“, sagt Lee Jae-eui, der als Zeitzeuge von damals viele Freunde während des Aufstands verloren hat.

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