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Gutachten zum MittelmeereinsatzLibyen verstößt gegen das Völkerrecht

Das Recht auf freie Schifffahrt gilt auch für eine Such- und Rettungszone jenseits des Küstenmeers, befinden die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags.

Haben auch mitten auf dem Mittelmeer Rechte: MigrantInnen auf einem NGO-Schiff Foto: ap

Osnabrück afp | Libyen verstößt mit der Behinderung von Seenotrettern weit vor seiner Küste laut einem Bundestags-Gutachten gegen das Völkerrecht. In dem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Parlaments, aus dem die Neue Osnabrücker Zeitung in ihrer Montagsausgabe zitiert, heißt es, das Recht auf freie Schifffahrt gelte auch für eine Such- und Rettungszone jenseits des Küstenmeers. Die Behinderung von Seenotrettungseinsätzen sei dort nicht zulässig.

Die libysche Regierung der nationalen Einheit hatte vor einigen Wochen eine 74 Seemeilen breite „Such- und Rettungszone“ ausgerufen, die sich bis in internationale Gewässer erstreckt und in der sie Hoheitsgewalt beansprucht. Die von der UNO unterstützte Regierung in Tripolis untersagte privaten Hilfsorganisationen das Fahren in die Zone und drohte ihnen. Mehrere Hilfsorganisationen setzten daraufhin ihre Seenotrettung für Flüchtlinge teilweise aus.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, bezeichnete die libysche Küstenwache gegenüber der Zeitung als „kriminelle Truppe“, die auf Recht und Gesetz pfeife. Jelpke forderte die Bundesregierung und die EU auf, die Zusammenarbeit „mit diesen Gangstern sofort einzustellen“. Sonst machten sie sich der Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen schuldig. Die Linken-Politikerin hat beantragt, das Thema Kooperation mit Libyen auf die Tagesordnung einer Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses am Dienstag zu setzen.

Libyen ist eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge aus Afrika auf ihrem Weg nach Europa. Hilfsorganisationen beschreiben die Zustände in den libyschen Flüchtlingscamps als katastrophal. Das nordafrikanische Land wird in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert. Neben der in Tripolis ansässigen Regierung gibt es eine Gegenregierung im Osten des Landes.

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10 Kommentare

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  • Welche Überraschung

  • "Libyen verstößt mit der Behinderung von Seenotrettern weit vor seiner Küste laut einem Bundestags-Gutachten gegen das Völkerrecht."

     

    Libyen verstößt ständig gegen das Völkerrecht. Die Flüchtlinge verstoßen gegen Italienisches Einwanderungsrecht, indem sie über Selbstgefährdung ihre Einreise erpressen.China verstößt gegen das Völkerrecht, indem es umstrittene Gebiete im Chinesischen Meer beansprucht, die Türkei indem sie in Syrien kämpfen lässt, Nordkorea indem es H-Bomben baut, Deutschland indem es Reparationen für WKII verweigert.... Viele andere auch.

     

    Was solls? Es ist nicht an d, sich über Völkerrecht in Libyen Gedanken zu machen solange d nicht bereit ist, die bei Einhaltung des Völkerrechts entstehenden Bootsflüchtlinge selbst aufzunehmen. So einfach ist Völkerrecht.

  • Das Verbot der libyschen Regierung mag gegen Völkerrecht verstoßen, eine Verletzung von Menschenrechten wird darin wahrscheinlich nicht festgestellt.

     

    Angesichts der Tatsache, dass durch das Verbot höchstwahrscheinlich weniger Menschen im Mittelmeer sterben werden, ist fraglich, ob das Völkerrecht an dieser Stelle durchgesetzt werden sollte oder ebend nicht. Die Seenotretter und deren Unterstützer sollten darüber glücklich sein, wenn die Menschen nicht mehr in die Boote steigen und sich nicht mehr in höchste Gefahr für Leib und Leben begeben.

    • @DiMa:

      Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages geht im Gutachten im Übrigen nicht auf die Tatsache ein, dass die von Libyen angezeigte Rettungszone vollständig innerhalb der sogenannten ausschließlichen Wirtschaftzone des Landes liegt.

       

      Menschenschleppung und Seenotrettung haben sich für die beteiligten Akteure ohne Zweifel zu einem sehr lohnenden Wirtschaftszweig entwickelt. Die von Libyen ergriffenen Maßnahmen sind unzweifelhaft geboten und geeignet um diesen Wirtschaftszweig zu unterbinden.

      • 8G
        82732 (Profil gelöscht)
        @DiMa:

        Dann fragt sich evtl. noch, ob innerhalb der "ausschliesslichen Wirtschaftszone" die gewerbsmässige Personenbeförderung eigentlich bewilligungspflichtig wäre ...

        • @82732 (Profil gelöscht):

          Die gewerbsmäßige Personen- und Frachtbeförderung unterliegt in der AWZ ohne weiteres der Freiheit der Meere. Fraglich ist aber ob dies auch für Menschenschmuggel oder beispielsweise Piraterie sowie entsprechende Beihilfehandlungen.

           

          Mal sehen. Bisher ist nicht bekannt, dass sich ein Land offiziell über einen etwaigen Bruch des Völkerrechtes beklagt hat.

  • Der Begriff "Gutmensch" ist in Verruf geraten. Unberechtigter Weise. Wir brauchen Menschen, die gut handeln. Auf unsere Kanzlerin würde dagegen der Begriff passen, wenn man ihn mit Scheinheiligkeit gleichsetzt.

    "Ja wir schaffen das" - aber dann nichts dafür tun, dass wir es auch schaffen.

    Die lybische Küstenwache nicht etwa dafür bezahlen, dass sie selbst Menschen rettet - wenn auch nur vorm ertrinken. Sondern sie dafür zu bezahlen, dass sie die Retter vertreibt. Das sind scheinheilige Gutmenschen. Das ist unsere Kanzlerin, die vermutlich wieder gewählt wird. Das ist Deutschland - zumindest die Mehrheit der Bevölkerung. Es ist eine Quadratur des Kreises: Man kann nicht den eigenen Wohlstand gegen alle andere verteidigen und ihn gleichzeitig mit allen teilen. Wir aber tun so, als ob wir mit allen teilen würden und behalten dann trotzdem alles selbst.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      Es wurde Geld in Integrationsprojekte gesteckt. Wenn ich mir das im internationalen Vergleich ansschaue macht Deutschland sehr viel.

      Aber strenggläubige Sunniten aus bspw. Afghanistan zu integrieren ist nunmal schwer. Und in einer Menge Fälle wird das scheitern.

    • @Velofisch:

      "Wir brauchen Menschen, die gut handeln."

       

      ja. Wobei gutgemeint nicht immer gut ist.

      • @A. Müllermilch:

        Das ist genau der Punkt.