Guineer über Umverteilungen in Bremen: „Das erste Stück Sicherheit“
Boubacar Dialo und Anna Schroder von „Together we are Bremen“ erzählen, warum Bremen etwas gegen die Umverteilung Geflüchteter tun könne.
taz: Hat sich die Situation der Mütter, die sehr lange auf die Geburtsurkunden für ihre Kinder warten, inzwischen verbessert?
Anna Schroeder: Es gab einzelne Verbesserungen in der Behandlung seitens des Standesamts. Aber die wesentlichen Punkte, also die Herausgabe der Urkunden mit eingetragenen Vätern, ist ungelöst. Die Frauen warten weiterhin. Von außen könnte man denken: Das ist ja immer dieselbe Thematik und immer die selbe Aktion – aber es ist einfach nach wie vor ein Problem, und es betrifft viele Frauen. Für sie ist es eine schwierige Lage und ein großer Druck. Deswegen haben sie entschieden, diesmal bei der SPD als politischem Akteur zu protestieren.
Was soll die SPD denn machen?
Es liegt im Ermessen des Standesamtes, die Überprüfungsverfahren zum Personenstand einzuleiten oder nicht. Es gibt keinen Automatismus, dass das passiert. Die Behörden haben da ihre Vorgehensweise. Aber: Die SPD stellt den Innensenator, der wiederum verantwortlich ist für die Standesämter. Die kann also darauf hinwirken, dass das Ermessen anders ausgelegt wird und die Angaben der Frauen zu ihrem Personenstand übernommen werden, anstatt diese systematisch und ohne Anhaltspunkte infrage zu stellen.
ist 18, kommt aus Guinea und lebt seit rund neun Monaten in Bremen.
Sie haben heute eine weitere Forderung: „Legalize NOW!“ Was steckt dahinter?
ist 37, von Beginn an bei „Together we are Bremen“ engagiert und eine mehrerer Sprecher*innen des Bündnisses.
Boubacar Dialo: Es betrifft die Leute, die von Bremen aus umverteilt wurden und wie ich dieser Umverteilung nicht gefolgt sind. Ich war rund sechs Monate in Bremen und hier an der Schule, als der Transfer kam. Nach allem, was ich auf der Flucht erlebt habe, war Bremen für mich das erste Stück Sicherheit und Stabilität. Dann sollte ich nach Mönchengladbach, wo ich diese Stabilität wieder verlieren würde. Bremen ist mein Zuhause. Uns geht es darum, dass wir hier bleiben dürfen.
Kann Bremen rein rechtlich denn dafür sorgen, dass es keine Umverteilungen gibt?
Schroeder: Diese Umverteilungen folgen einer bundesgesetzlichen Regelung nach dem Aufenthaltsgesetz Paragraph 15a. Menschen, die unerlaubt eingereist sind, werden demnach umverteilt; ähnlich wie die, die Asyl beantragen. Die Behörden müssen aber prüfen, ob es zwingende humanitäre Gründe gibt, die einer Umverteilung entgegenstehen. Die Entscheidung liegt auch hier wieder im Ermessen einer Bremer Behörde. Fast alle Betroffenen haben ärztliche Atteste und Bescheinigungen der Schulen. Weil sie sich eben ein Leben hier aufgebaut haben, teilweise seit mehr als anderthalb Jahren hier leben, zur Schule gehen, teilweise schon lange in psychologischer Behandlung sind. Auch bei Menschen wie Boubacar, die hier lieber ohne Papiere leben als in ein Ankerzentrum zu wechseln, kann Bremen die Zuständigkeit wieder zu sich nehmen. Das ist eine Frage des politischen Willens.
Haben Sie, Herr Dialo, denn versucht, solche Gründe geltend zu machen?
Dialo: Ja, über meinen Anwalt. Ich bin lange in psychologischer Behandlung. Der Arzt hat geschrieben, was ich erlebt habe und warum es wichtig ist, dass ich hierbleiben kann. Das wurde vom Migrationsamt nicht anerkannt. Nun bekomme ich seit rund vier Monaten kein Geld und keine Sozialleistungen mehr, ich habe manchmal auf der Straße geschlafen. Aktuell komme ich über das Housing-Programm von „Together we are Bremen“ in einer WG unter. Wir wollen, dass viele Leute an der Kundgebung teilnehmen. Das ist ein wichtiger Moment, mit uns solidarisch zu sein und wahrzunehmen, in welchen Situationen wir sind.
Kundgebung „United we fight“ vor der SPD-Parteizentrale: Do., 29. 7., 11.30 Uhr, Violenstraße 43, Bremen
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