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Günstig durch Paris"Versicherung" fürs Schwarzfahren

Französische Billettschwänzer tun sich zusammen. Wer beim Schwarzfahren erwischt wird, zahlt die Strafe aus einem gemeinsamen Topf – und kommt so billiger weg.

Das Schwarzfahren nach dem Solidaritätsprinzip findet auch außerhalb von Paris immer mehr Anhänger. Bild: dpa

Für alle, die in Paris mit der Metro ohne Ticket unterwegs waren, galt bisher als einzige Devise: sich nicht erwischen lassen. Eine Buße für das Schwarzfahren kostet 50 Euro und für "Wiederholungstäter" sogar 72. Das brachte einige PariserInnen auf die Idee, das Risiko zu kollektivieren. Das funktioniert nach demselben Solidaritätsprinzip wie jede Versicherung. Jedes Mitglied bezahlt einen kleinen Beitrag in der Größenordnung von fünf Euro in den gemeinsamen Topf und wird daraus im Schadensfall entschädigt. Gleich mehrere Kollektive haben dieses System in anderen französischen Städten umgesetzt. Illegal ist diese Solidarität nicht.

Die Kollektive sind davon überzeugt, dass die öffentlichen Verkehrsmittel für die einzelnen BenutzerInnen gratis sein müssten. Ein inoffizieller Sprecher dieser Bewegung, der anonym bleiben will, sagt: "Aus denselben Gründen wie Schule oder die Gesundheitswesen müssen die öffentlichen Transportmittel allen ohne Unterschied und darum gratis zugänglich sein." Die Provinzstadt Châteauroux im Süden von Orléans hat bereits 2001 den gebührenfreien Bustransport eingeführt.

Cédric Durand, ein Ökonom aus der Alternativszene, glaubt, dass die Verstaatlichung der Transportkosten keineswegs utopisch sei, da die Einnahmen aus Fahrscheinen und Abonnements in der Region Paris nur etwa 30 Prozent der gesamten Auslagen decken. Damit bringen sie nur ein bisschen mehr ein, als die aufwendigen Kontrollen kosten. Und schließlich subventioniere der Staat mit aus Steuergeldern finanzierten Straßen auch den Autoverkehr.

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11 Kommentare

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  • S
    Sch

    Solidaritaet...

    die Ueberschrift ist so sympatisch!

     

    Was nutzt es, Preise in die Hoehe zu treiben,

    den Rest der Welt vom Fahren auszuschliessen

    und

    dabei das Recht auf Mobilitaet auszugrenzen?

     

    Natuerlich habe ich zB Kontrolle, auch Fahrscheinkontrolle als Kranken-Urlaubs-Ausfallhilfe- bis zur Qualifikation lernen muessen,

    ausueben, anstatt der Republikfluechtlinge,

    war ich wenigstens ein guter Ersatz?

     

    Nur noch Solidaritaet!

    1 Person mit Zuegen bis 1000 Leuten,

    was verboten war,

    deshalb alle Zustaende der verbotenen Republik?

  • S
    Sponti

    Noch billiger als Schwarzfahren, egal ob mit oder ohne Versicherung, ist man mit dem Fahrrad unterwegs, und das völlig legal!

     

    Ich sehe also nicht ein, warum ich den Bewegungslegasthenikern mit meinen Steuern die bequeme Bahnfahrt finanzieren soll. Mobilität war früher Luxus und hat auch heute noch ihren Preis. Die Bahnen sind trotz kostenpflichtiger Beförderung in Spitzenzeiten überfüllt. Wie sollten sie dann den Ansturm bewältigen?

  • PL
    Peter Lustig

    Funktioiniert in Deutschland leider net, nach 3 mal bekommt man eine Anzeige wegen erschleichen von Leistungen :/

  • TT
    Ticket To Ride

    Das hat es in Köln schon in den Siebziger Jahren gegeben.

    Das Schwarzfahrer Syndikat.

  • S
    Sebastian

    Vielleicht wäre es jetzt die richtige Zeit die kompletten öffentlichen Verkehrsmittel zu bestreiken. Dann brauchen die Leute nichts bezahlen, können aber natürlich diese Dienstleistung auch nicht in Anspruch nehmen. Die Einstellung von manchen Leuten will mir einfach nicht in den Kopf gehen. Am besten für nichts mehr zahlen, sollen die Leute dann doch selbst Busse bereitstellen, mal schauen wie lange die ohne Einnahmen durchhalten.

  • E
    egal

    Wie sähe denn die Rechtslage in Deutschland aus?? Das klingt nach einem viel versprechendem System!

  • O
    Olaf

    Soweit ich weiß, gibt es das in Schweden schon länger. Wird Zeit, dass es in Deutschland ähnliche Initiativen gibt.

  • GM
    Gosig Mus

    So etwas gibt es auch in Stockholm.

  • M
    milkman

    Also mit absolut asozialen Verhalten verkehrstechnischen Sozialismus erzwingen zu wollen ist doch nun wirklich die allergrößte Dummheit von der ich je gehört habe. Natürlich wünschte ich mir auch das Personenbeförderung frei ist, da müssen dann aber alle mitmachen - und für bezahlen wollen... Mit so einer Aktion aber wird doch der soziale Gedanke pervertiert, schließlich wird der öffentliche Nahverkehr schon subventioniert.

  • A
    Andy

    Die Idee ist ja der Hammer! Sowas sollte es auch hier in Deutschland geben! Gründen?

  • A
    Aha

    Sowas gabs auch schon in deutschland.

     

    Ging bis vor den Obersten Bayrischen Gerichtshof.

     

    Wurde aufgelöst.

     

    ein Verstoß gegen § 134 BGB!

     

    "Man muss das Rad nicht zweimal erfinden"