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Grundrechtereport über RassismusKritik an schleppenden Ermittlungen

Der Grundrechtereport kritisiert den Umgang der deutschen Justiz mit rechtsradikalen Angriffen. Die Ergebnisse sind aber zum Teil schon überholt.

Langsame Justiz: In Sachen rechte Gewalt dauern die Verfahren oft zu lang, sagt der Grundrechtereport Bild: dpa

FREIBURG taz | Der staatliche Umgang mit Rechtsextremismus und Rassismus steht im Fokus des neuen Grundrechtereports, der an diesem Donnerstag in Karlsruhe vorgestellt wird. Der Grundrechtereport ist ein alternativer Verfassungsschutzbericht anhand konkreter Fälle und Entwicklungen, der jährlich von acht Bürgerrechtsorganisationen – von der Humanistischen Union bis zu Pro Asyl – als Taschenbuch herausgegeben wird.

Einer der dramatischsten Fälle ist der Überfall von Rechtsradikalen auf eine deutsch-syrische Familie im April 2012 beim Frühlingsfest in Eisleben (Sachsen-Anhalt). Mit Teleskop-Schlagstöcken und einem Schlagring sollen drei Neonazis (19, 24 und 32 Jahre alt) mitten auf dem Festplatz die arglose Familie attackiert haben. Dabei hätten sie Parolen geschrien wie „Das habt ihr nun davon, Ausländer“.

Einer der Täter trug ein T-Shirt mit dem Signet der rechten Terror-Organisation Combat 18. Immer wieder schlugen die Rechten, so Zeugenaussagen, gezielt auf den Kopf eines am Boden liegenden 32-jährigen Mannes ein. Am Ende lag das Opfer mit schweren Kopfverletzungen mehrere Tage im Koma.

Kritisiert wird im Grundrechtereport das Verhalten der Justiz. Die Ermittlungen liefen schleppend, ein Haftbefehl wurde nicht beantragt – obwohl die Schläger Zeugen einschüchterten. Im Dezember erhob die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage – aber nur beim Amtsgericht, wo die leichteren Fälle verhandelt werden. Die Anklage lautet auch nur auf gefährliche Körperverletzung, nicht auf versuchten Mord aus niederen Beweggründen.

Leider ist der Report zum Zeitpunkt des Erscheinens oft schon von der Realität überholt. So auch hier. Nach Informationen der taz hat das Amtsgericht Eisleben den Fall inzwischen doch ans Landgericht Halle abgegeben. Am 27. Juni beginnt vor einer dortigen Jugendkammer der Prozess. Das Urteil soll im September gesprochen werden. Über den Grund der Abgabe gibt es unterschiedliche Darstellungen.

Steffen Lutz, der Direktor des Amtsgerichts Eisleben, sagte der taz, nach Prüfung des Falles sei doch „ein vorsätzliches Tötungsdelikt in Betracht gekommen“. Laut Wolfgang Ehm, Sprecher des Landgerichts in Halle, führte dagegen „nur die umfangreiche Beweisaufnahme“ (es sind 28 Zeugen zu hören) zum Transfer ans Landgericht. Vorgestellt wird der Grundrechtereport dieses Jahr von Beate Rudolf, der Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

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2 Kommentare

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  • P
    Pluto

    Wenn die taz so genau Bescheid weiß bezüglich der Ermittlungen, warum sattelt sie nicht um und geht selbst zur Polizei?

    Der Bericht strotzt doch nur so von Vermutungen!

    Bitte erst felsenfeste Erkenntnisse anbringen, nachdenken und dann erst schreiben und veröffentlichen, taz. - Bei geringem Informationsmodus ist weniger manchmal mehr.

  • S
    Siggi40.de

    Die Ergebnisse sind zwar überholt – aber noch lange nicht vergessen – und schon gar nicht vergeben.

    Macht den Vandalen keinen Vorwurf – die Täter tragen Uniform und Robe.

    Als ich in Chemnitz, ca. 300m von meinem Wohnsitz entfernt, von ca.20 Paramilitärs, Sturm 34 aus Mittweida, ohne einen ersichtlichen Grund umzingelt und dann schwerst zusammengeschlagen wurde, standen keine 50m entfernt zwei Grünuniformierte und schauten seelenruhig zu. Ich konnte mich schon damals dem Eindruck nicht verwehren, dass diese Jungs in den Kampfanzügen doch nur den Schutzgeldforderungen der Grünuniformierten Nachdruck verleihen sollten.

    Mehrmals wurde ich in Chemnitz von DDR-lern ohne Grund angefallen!! Doch weil ich mich wehrte und diesen Perversen den Spaß am Abmurksen verdorben hatte, wurde ich mehrmals wegen Körperverletzung verurteilt. Und nur dann, wenn die Anklageerstatter vor Gericht damit prahlten, dass sie mich heimtückisch auflauerten und abmurksen wollten, wurde ich wegen Notwehr freigesprochen.

     

    Ich dagegen wurde zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt, weil ich einer Person, die einen kleinen 5 Monate alten Hund massiv quälte, einen Tritt in den Hintern versetzte!! Die Anzeige gegen den Tierquäler wurde mit der Begründung eingestellt, dass kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestehen würde.