Grünen-Parteitag: Partei spaltet Verbände

Während einige Umweltverbände in Berlin gegen ein grünes Ja zur schwarz-gelben Atompolitik demonstrieren, unterstützen andere den Kurs des Parteivorstands.

Ja oder nein? Für die Aktivisten vor dem Grünen-Parteitag war die Frage nur rhetorisch. Bild: Kai Horstmann

BERLIN taz | Draußen vor der Messehalle ist das Bild noch eindeutig. Aktivisten von Ausgestrahlt, BUND und anderen haben zwei Tore aufgestellt: "Ja" oder "Nein" zur schwarz-gelben Atompolitik, dazwischen sollen sich die Delegierten entscheiden. Was ein Ja nach Meinung der Kritiker bedeutet, wird mit provokativen Fragen gezeigt: "Bis 2017 nur zwei von neun AKW vom Netz?" oder "Super-GAU in Brokdorf 2019?" Wer durchs "Ja"-Tor geht, erntet Pfiffe, für die "Nein"-Sager gibt es Applaus.

In der Halle setzt sich der Protest fort. "Abschalten" und "Durchhalten" rufen Sprechchöre zum Beginn des Parteitags. Flugblätter mit Argumenten für ein "Nein" liegen auf dem Tisch jedes Delegierten. Aktivisten der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt - einem zentralen Akteur der Proteste der letzten Zeit - bieten einen "Faktencheck" an: Auf ihrer Webseite und über den Kurznachrichtendienst Twitter beurteilen sie in Echtzeit die vom Podium vorgebrachten Argumente. "Der Trittin, der gerade redet, hat am 31.5. gesagt, kein Ja zu schwarzgelber Atompolitik", schreiben sie etwa, während der Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin für genau dieses Ja wirbt. Und dass der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann Nachbesserungen im schwarz-gelben Konzept durchgesetzt hat, weisen sie als "Mythos" zurück.

Direkt zu den Delegierten reden darf Ausgestrahlt-Sprecher Jochen Stay hingegen nicht. Eine entsprechende Anfrage sei von der Parteiführung abgelehnt worden, berichtet er - angeblich aus Sorge, dass es sonst ein Pfeifkonzert geben würde. Sprechen sollte stattdessen ein Vertreter von Greenpeace - doch die Organisation, die sich im Vorfeld kritisch zu einer möglichen Zustimmung geäußert hatte, zog ihre Zusage nach interner Debatte kurzfristig zurück. Greenpeace rede grundsätzlich nicht auf Parteitagen und wollte - anders als zunächst erwogen - auch in diesem Fall keine Ausnahme machen, sagte Tobias Münchmeyer vom Berliner Greeneace-Büro der taz.

Ebenfalls als Redner eingeladen war Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe. Und er plädierte vor den Delegierten klar für eine Zustimmung. "Davon ginge national wie international ein nicht zu unterschätzendes Signal aus." Wenn mit Deutschland die größte europäische Industrienation parteiübergreifend für den Ausstieg sitmme, sei das "eine Botschaft, die in die Welt hinausgehen würde." An die Kritiker aus der Bewegung appellierte er, die "gemeinsame Geschichte" mit den Grünen nicht auszublenden.

Die Auswahl von Baake als Redner kommentierte Jochen Stay mit Zynismus: "Es ist schon bezeichnend, dass als einziger Vertreter der Umweltverbände ein ehemaliger grüner Staatssekretär spricht." Baake war unter Jürgen Tritten Staatssekretär im Bundesumweltministerium und hatte den rot-grünen Atomkonsens mit ausgehandelt.

Umgekehrt musste sich auch Stay Kritik gefallen lassen. Er hatte im Vorfeld des Parteitags erklärt, die Grünen würden sich "aus der Anti-Atom-Bewegung verabschieden", wenn sie dem schwarz-gelben Atomgesetz zustimmen. Nicht nur aus der Parteiführung gab es dagegen scharfen Protest. Auch Regine Günther vom Umweltverband WWF, der für eine grüne Zustimmung plädiert, griff Stay an. "Ich finde es befremdlich, dass manche bestimmen wollen, wer Teil der Anti-Atom-Bewegung ist."

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