Grünen-Kandidat Lukas Mosler in Bautzen: Kein einfacher Job
Lukas Mosler will für die Grünen in den Bundestag. Sein Wahlkreis: Bautzen in Sachsen. AfD-Land. Über einen, der es trotzdem versucht.
An einem Abend im vergangenen Oktober fährt Mosler mit seinem Auto von Hoyerswerda ins etwa 25 km entfernte Kamenz zur Wahlversammlung des Grünen-Kreisverbandes Bautzen. Dort, im Saal eines italienischen Restaurants, wird er zum Bundestagsdirektkandidaten gewählt.
Ein Dutzend Kreisverbandsmitglieder sowie zwei Landtagsmitglieder sind gekommen, es wird Pizza bestellt. Mosler trägt ein Jeanshemd und eine dunkle Hose, sein blonder Bürstenschnitt ist ordentlich gekämmt. Er hat eine Bewerbungsrede vorbereitet, die er vor Aufregung eher abliest. Moslers Rede dreht sich um seine Herzensthemen: Regionalentwicklung, Arbeitsmarktpolitik, Unternehmensansiedlung und die Verbesserung der Verkehrs- und Infrastruktur.
Ein weiteres für ihn wichtiges Thema nennt er einige Monate später im Videogespräch von der Couch in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung: Mehr Jugendbeteiligung in der Politik. Mosler selbst ist seit Ende 2018 Parteimitglied bei den Grünen. Mit dem Engagement in einer Partei könne er mehr bewirken. „Ich kann auf eine Demo gehen oder mich auf ein Punk-Konzert stellen und ‚Nazis raus‘ brüllen – aber das hat keinen Effekt.“ Bei den Grünen habe ihm gefallen, wie man an Projekte rangehe, und dass man offen sei für vieles.
„Die Region ist doch nicht nur braun“
Mosler zögerte nicht lange, Verantwortung zu übernehmen. Er ist Schatzmeister und das jüngste der fünf Vorstandsmitglieder im Kreisverband. „Er, in seinem Alter, ist schon sehr inspirierend für uns“, lobt die Kreisvorsitzende Susann Kolba. Für die Grünen ist Bautzen „unter anderem einer der herausforderndsten Wahlkreise in Deutschland“, gibt sie zu.
Bei einem Besuch des Bundesvorsitzenden Robert Habeck klopfte dieser Mosler auf die Schulter und sagte, dass es bestimmt einfachere Dinge gebe, als in dem Landkreis eine Gründe Jugend aufzubauen. Bei den Bundestagswahlen 2017 bekamen die Grünen rund 2 Prozent der Erst- und Zweitstimmen im Wahlkreis Bautzen. Karsten Hilse von der AfD zog als Direktkandidat in den Bundestag ein.
Bei den Landtagswahlen zwei Jahre später erreichten die Grünen immerhin schon 3,2 Prozent. Der AfD-Direktkandidat gewann den Wahlkreis. Nur in den Großstädten Leipzig und Dresden sind die Grünen stärkste Kraft geworden.
„Da braucht man sich nichts vormachen: Hier werde ich nicht viele Prozente holen“, stellt Mosler fest. Was erhofft er sich dann von der Kandidatur in diesem Jahr? „Gemeinsam Leute zusammenführen, zeigen, dass Wahlkampf Spaß machen kann, mal sagen: Die Region ist doch nicht nur braun, sondern vielfältig und bunt und hat progressive Ideen. Wenn dann am Ende ein oder zwei Prozentpunkte mehr rausspringen, haben wir denke ich Einiges richtig gemacht.“
Hauptziel: Der AfD das Direktmandat nehmen
Trotzdem ist er sich bewusst, dass der Wahlkampf nicht einfach für ihn wird. „Ich weiß ja, auf was ich mich einlasse. Dann werde ich halt Hauptfeind Nummer eins bei den Podien. Aber ich habe mir bisher keine Sorgen darüber gemacht. Ich kann hier auch noch im Supermarkt einkaufen gehen, ohne blöd angesprochen zu werden.“
Moslers Alltag wird von seinem Beruf als strategischer Einkäufer für einen Industriebetrieb bestimmt. Vom Homeoffice aus, das er sich mit einem höhenverstellbaren Tisch im Schlafzimmer eingerichtet hat, wählt er Rohmaterialien wie Bleche und Thermometer aus, überprüft Beschaffungswege, plant Lieferungen.
Die Arbeit für die Grünen und seinen Wahlkampf organisiert Mosler in den Abendstunden. Er stimmt sich mit dem Wahlkampfkoordinator Jens Bitzka ab, nimmt an digitalen Diskussionsrunden der Partei teil und tauscht sich mit seinem Mentor aus, dem sächsischen Landtagsabgeordneten Gerhard Liebscher.
Ein guter Politiker ist für Mosler jemand, der tatsächlich etwas für einen Wahlkreis macht und sich mit Unternehmen und sozialen Einrichtungen zusammensetzt. „Das klingt ja vielleicht alles so ein bisschen kleindimensional bei mir“, fügt er am Ende hinzu, aber schließlich sei das nicht die letzte größere Kandidatur für ihn, sondern die erste. Sein größter Wunsch für dieses Jahr? „Dass Hilse nicht als Direktkandidat in den Bundestag einzieht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut