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Grünen-Chef Özdemir zum Nahostkonflikt"Zwei Staaten sind unwahrscheinlich"

Die Bedingungen für eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästinensern verschlechtern sich, sagt Grünen-Chef Özdemir. Er will aber weiter dafür eintreten.

Die Zeit arbeitet gegen Israel und Palästina, findet Özdemir. Bild: dapd

TEL AVIV/HEBRON/JERUSALEM taz | Grünen-Chef Cem Özdemir glaubt, dass die Chancen für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt sinken. "Bei meiner Reise wurde mir deutlich, wie schwer eine solche Lösung unter den sich zunehmend verschlechternden Bedingungen zu verwirklichen ist", sagte Özdemir der taz. Er betonte aber: "Die Grünen treten klar für das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung ein."

Hunderttausende israelische Siedler müssten dazu bewegt werden, aus der Westbank wegzuziehen, sagte Özdemir. Gleichzeitig könne kein palästinensischer Politiker einfach darauf verzichten, die Rückkehr der Millionen palästinensischer Flüchtlinge zu fordern. Dies sei wiederum für Israel inakzeptabel. "Dass sich diese Differenzen überbrücken lassen, wird immer unwahrscheinlicher“, sagte Özdemir. Im Grünen-Programm steht, dass sich die Partei für eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt zwischen Israel und Palästinensern stark machen.

Der Grünen-Vorsitzende betonte, dass sich der Fokus der Weltöffentlichkeit wegen der Situation in Nordafrika, in Syrien, im Iran, den Wahlen in den USA und der Krise in Europa verschiebe. Der Fokus liege deshalb nicht mehr so stark auf dem Nahost-Konflikt, wie das früher der Fall gewesen sei, sagte Özdemir. "Das macht eine Lösung noch problematischer, als sie sowieso schon ist. Die Zeit arbeitet also nicht für, sondern gegen Israel und die Palästinenser.“

Es werde im Nahost-Konflikt nur eine Lösung geben, "wenn beide Seiten aufhören, mit der Geschichte zu argumentieren", sagte Özdemir. Stattdessen müssten sie müchtern überlegen, wie gemeinsame nächste Schritte zum Frieden aussehen können. "Auch wenn ich weiß, wie schwer dies in einer Region ist, die eine solch wechselvolle Vergangenheit hat."

Özdemir war in der vergangenen Woche fünf Tage durch Israel und das Westjordanland gereist. Er traf sich mit Israels Außenminister Avigdor Lieberman und mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad. Es war Özdemirs dritte Reise in die Region.

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13 Kommentare

 / 
  • M
    max

    @Ant-iPod

     

    Meine auch.

  • DP
    Daniel Preissler

    @Ant-iPod

     

    Also meine Stimme hast du! :-)

  • A
    Ant-iPod

    Ich kann das Geweine der Israelis nicht mehr hören, sie steckten in einem "Überlebenskampf" - "alle wollten sie vernichten" etc.etc.etc. - das ist ja kaum auszuhalten.

    Mal abgesehen davon, dass Bibi und Liebermann nun wirklich nichts auslassen, um sich bei vernunftbegabten Menschen unbeliebt zu machen, ist es nach wie vor Israel, welches mit und ohne Westjordanland das stärkste Militär und die größten Fähigkeiten zur Projektion seiner Macht hat. Das kann man u.a. daran erkennen, dass es offen über einen Luftschlag gegen den Iran debatiert, wobei es mehrere arabische Staaten überfliegen muss (oder die Türkei) die allesamt hierzu keine Genehmigung erteilen würden.

     

    Es stimmt allerdings, dass es keine Zweistaatenlösung geben kann - nicht so lange die Israelis dies nicht wollen, denn im Zweifelsfall können Sie sich immer auf ihren Vasall (USA) verlassen.

    Muss ja auch nicht - eine Einstaatenlösung ist ohnehin mehr im palästinensischen Interesse - dann fehlen ihnen nur noch gleiche Bürgerrechte und dass ist lediglich eine Frage der Zeit.

    Wenn selbst Özdemir dass nun begriffen hat, können wir ja endlich konstruktiv werden:

    Israel annektiert offiziell die Palästinensergebiete und erklärt sich territorial für saturiert.

    Die palästinensische Autonomiebehörde gibt ihre Auflösung bekannt und die Palästinenser gründen Parteien, welche in die Knesset gewählt werden dürfen.

    Alles weitere regelt die Demokratie - oder hat hier irgendjemand bestritten, dass Israel eine Demokratie ist?

     

    Was für eine schöne Zukunftsvision... außer natürlich, man ist ein gewissenloser Radikaler.

  • E
    end.the.occupation

    >> Die besetzen die Gebiete ja nicht freiwillig, sondern ...

     

    weil sie national-religiös motivierte Kriminelle sind.

     

    Der ganze Staat steht auf diesem Fundament - und ist daher strukturell Friedens- und Kompromissunfähig.

  • A
    Aiko

    Warum bewirbt sich Özdemir nicht gleich bei der HAMAS, die doch sooo demokratisch legitimiert ist, in ihrem Kampf gegen Israel? Da kann er für seine utopische Zweistaatenlösung kämpfen. Es doch egal, ob die Hamas die Juden mit Raketen und Sprengstoffanschlägen eindecken, oder?

     

    Offenbar haben die grünen Deppen null Ahnung, welchen harten Verteidigungskampf die Israelis tagtäglich kämpfen müssen. Die besetzen die Gebiete ja nicht freiwillig, sondern weil sie die Pufferzohnen zum Feind brauchen.

     

    Oder will Özdemir mit seiner Fliegerei nur Bonusmeilen schinden. Er wird ja schon jetzt als der "Grüner Wulff" bezeichnet. Bzgl. Nassauern und Kompetenzmängel trifft das voll den Punkt.

  • S
    Stefan

    Was für eine schleimige Politiker-Sauce.

    Er fliegt eben gern und erzählt eben gern.

    Nur sieht er leider nicht, was der entscheidene Knackpunkt ist (während er natürlich an erster Stelle die bösen Siedler nennt): Die Israelis wollen inzwischen nur noch ihre Ruhe, aber vor allen Dinge in Sicherheit vor ihren sie ständig vernichten wollenden Nachbarn sein. Aber in Cems Augen ist dies eine Auseinandersetzung, wo sich zwei Streithähne einfach nicht vertragen wollen und beide eben mal lieb sein sollten. Ein Staatsmann mit Format.

  • E
    end.the.occupation

    Die "Zweistaatenlösung" ist genau die Lösung, welche die Buren in Südafrika - ohne Erfolg - gegen die Schwarzen durchzusetzen versuchten.

     

    D.h. die GRÜNEN - die taz sowieso - stehen so hinter dem jüdischen Burenstaat, wie dieser einstmals hinter dem südafrikanischen Burenstaat stand.

  • MB
    Markus Brandt

    Sobald die Siedler und die IDF aus der Westbank verschwinden können die vom Iran unterstützten Hamaskommados Tel-Aviv mit Raketen beschießen. Israel wäre dann am Ende und das Heimatland der Juden wäre endlich "judenrein". genau so wie es die islamistischen Regime und Terrororganisationen in der Region schon immer wollten. So war es im 6-Tage Krieg von drei arabischen Ländern geplant, doch die Israelis haben ihre Heimat tapfer verteidigt.

     

    Weis Herr Özdemir das alles etwa nicht oder weis er es nur allzu gut?

     

    Es ist weltfremd und naiv, wenn man fordert, dass Israel sich ohne Not in diese Gefahr begibt. Und das wo jeden Tag versucht wird israelische Zivilisten zu ermorden. Wie jetzt gerade deutsche Politiker fordern, dass sich die Juden ein zweites Mal wehrlos abschlachten lassen macht mich ehrlich sprachlos. Wer aus der Geschichte etwas gelernt hat der muss den Juden das Recht auf Selbstverteidigung zugestehen. Und die Westbank ist ein integraler Teil der israelischen Selbstbehauptung.

  • AD
    Ahmet der Doische

    Ich verstehe Özdemir sehr gut.

    Bei einer Zweistaatenlösung würde er trotzdem nur einmal Lufthansa-Meilen gut geschrieben bekommen, weil Jerusalem ja keinen eigenen Flughafen hat.

     

    Hoffentlich wird Özi bald Bundespräsident. Aber den Wulff holt der ja nie beim Schnorren ein ...

  • T
    Trullala

    Absolut richtig. Die Interessen und die Bewertung der Geschichte sind unvereinbar.

    Hinzu kommt, dass Israel mit der steigenden Sicherheit das Interesse an einer schmerzhaften Veränderung zu Gunsten von Frieden verliert.

    Ein großer Schritt wäre, wenn Israel sich zumindest einseitig auf Grenzen festlegt, und sich verpflichtet nicht darüber hinaus zu wachsen.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    Özdemir kommt mit seiner Anschauungswelt nicht klar.

    Geschichte möchte er abgeschafft wissen, weil sich die Vorzuhalten keine Lösung biete. Aufgaben der Weltgemeinschaft wie etwa Völkerrecht kennt er nicht, weil was in Palästina geschieht nur von denen dort geregelt werden könne, Siedler müssten bewegt werden, was heißt, man habe an ihre Überzeugungen zu appellieren, und palästinensische Politiker hätten Verzicht zu leisten, weil Israel nicht könne, wozu es eigentlich verpflichtet wäre.

     

    Dann ist also alles einfach, man kann nur warten und weitermachen wie bisher und guck an, es wird keinen Palästinenserstaat geben, einfach so – Özdemir ist in der Welt der Scheinheiligkeit bundesdeutscher Politik voll angekommen, die nichts machen kann, keinen Einfluss hat und natürlich voller Mitgefühl ist.

  • N
    noevil

    Was haben wir doch für Politiker, die extra nach Israel und Palästina reisen müssen, um betroffen zu erkennen, dass durch die radikalen Siedler mit Unterstützung der Politik seit Jahren fast widerspruchslos planmäßig bewohnte Tatsachen geschaffen wurden und werden, die immer noch schwerer zu revidieren sind.

     

    Das zeigen uns auch aktuelle Maps im Internet. Kommt viel billiger, und weniger peinlich.

  • W
    Webmarxist

    "Özdemir war in der vergangenen Woche fünf Tage durch Israel und das Westjordanland gereist."

     

    Hoffentlich hat er diesmal die Tickets auch zum vollen Preis bezahlt. Von mir aus kann er gleich da bleiben.