Grüne lassen räumen: Flüchtlings-Schule bald Geschichte

Kreuzberg Grüne Bürgermeisterin will den Gerichtsvollzieher in besetzte ehemalige Schule schicken. Ein Ersatzhaus für die zehn Besetzer sei in Aussicht.

Ein Mann posiert im November 2014 vor dem Eingang zur besetzten ehemaligen Schule Foto: dpa

Die Zeit des Wohnens in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule (GHS) in Kreuzberg ist bald endgültig vorbei: Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) kündigte am Donnerstag gegenüber der taz an, Mitte kommender Woche den Gerichtsvollzieher anzuweisen, das Räumungsurteil gegen die Besetzer zu vollstrecken. Sie habe zudem die Sozialverwaltung von Senatorin Elke Breitenbach (Linke) um Amtshilfe gebeten, damit eine Unterkunft für die zehn verbliebenen Männer gefunden werde. „Wir haben sehr wohlwollende Signale von dort bekommen“, sagte Herrmann. Eine Sprecherin von Breitenbach bestätigte allerdings nur, das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten prüfe die Unterbringung der Männer in einer Gemeinschaftsunterkunft.

Vor fast fünf Jahren hatten Geflüchtete, die am Oranienplatz gegen deutsche Asylpolitik protestierten, die leer stehende Schule in der Ohlauer Straße als Winterquartier für Frauen und Kinder besetzt. Bald wohnten dort mehrere hundert Menschen. Herrmanns Vorgänger Franz Schulz (Grüne) hatte die Besetzung toleriert; auch die 2013 ins Amt gekommene Herrmann stand öffentlich lange hinter den Protestlern.

2014 wendete sich das Blatt. Nach der Räumung des Oranienplatzes sollten die Geflüchteten auch die GHS verlassen. Die meisten gingen tatsächlich, einige Besetzer erzwangen jedoch durch Flucht auf das Dach erneute Verhandlungen. An deren Ende stand eine schriftliche Vereinbarung, in der der Bezirk ihnen den weiteren Verbleib gestattete. Um zu verhindern, dass das Haus sich erneut mit weiteren Flüchtlingen füllt, stellte der Bezirk einen Wachschutz auf, der nach Angaben von Herrmann seither jährlich rund eine Million Euro kostet.

Wegen dieser schriftlichen Vereinbarung scheiterten mehrere Versuche des Bezirks, die Besetzer räumen zu lassen. Im Juli entschied jedoch das Landgericht, dass es sich lediglich um ein zeitlich begrenztes Arrangement handele – die Klage des Bezirks sei daher rechtens.

Große Pläne für „Campus Ohlauer“

Herrmann sagte, ihr sei klar, dass sie mit ihrem Schritt jetzt den Leuten „die Pistole auf die Brust“ setze. „Aber was soll ich tun?! Es ist wie es ist.“ Der Anwalt der Besetzer, Ralph Monneck, wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu Herrmanns Ankündigung äußern. Von der Sozialverwaltung gab es bis Redaktionsschluss keine Aussage, ob sie sich tatsächlich um eine alternative Unterbringung für die Männer kümmert.

Der Bezirk möchte auf dem Gelände rings um die frühere Schule den „Campus Ohlauer“ errichten: ein Flüchtlingszentrum mit Beratungsangeboten, Räumen für Deutschkurse der Volkshochschule, einer Stadtteilbibliothek, Sozialwohnungen für alleinstehende Frauen sowie „normalem“ Wohnen. Die Drogenberatungsstelle Fixpunkt soll laut Herrmann bleiben, ebenso das von den Johannitern betriebene Flüchtlingsheim. Dafür müsse die ehemalige Schule „aufwändig saniert“ werden. Gelder könne der Bezirk aber erst erschließen, „wenn die Besetzer raus sind“.

Was aus ihnen werden soll, ist ebenso unklar wie die Zukunft anderer Protestler vom Oranienplatz. Rund 100 hatten Kirchengemeinden nach der Räumung untergebracht. Seit drei Jahren verhandeln Kirchenvertreter mit dem Senat über eine Bleiberechtsmöglichkeit für die Männer. Tatsächlich hatte sich der neue Senat im Koalitionsvertrag dazu bekannt, dass man „Bleibeperspektiven auch in bislang ungelösten Fällen ermöglichen“ möchte. Neuigkeiten dazu gibt es – nicht.

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