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Grüne in Japan vor der Wahl„Wir sind noch zu klein“

Nach dem Fukushima-GAU gründete sich in Japan die Grüne Partei neu. Doch bei den kommenden Wahlen werde sie keine Chance haben, sagt ihr Sprecher.

Anti-Atomprotest in Tokio im September 2011. Bild: reuters
Sven Hansen
Interview von Sven Hansen

taz: Herr Koriyama, im Juli ist Japans Grüne Partei infolge der Antiatomstimmung nach dem GAU 2011 neu gegründet worden. Warum tritt sie nicht bei den vorgezogenen Unterhauswahlen am 16. Dezember an?

Masaya Koriyama: Wir planten, zu den Oberhauswahlen im nächsten Sommer anzutreten und bereiteten die Auswahl von Kandidaten aus der Anti-AKW-Bewegung vor. Doch dann wurden wegen des Rücktritts des Amtsinhabers für den 16. Dezember plötzlich Wahlen für den Gouverneur von Tokio angesetzt. Kurz darauf wurden für den selben Tag auch noch Unterhauswahlen angesetzt. Das ist ein Schock für uns.

Warum?

Für die Gouverneurswahlen hatten wir zusammen mit Bürgergruppen gerade den 60-jährigen Verbraucheranwalt Kenji Utsonomia nominiert. Er setzt sich für Arme ein und und ist gegen Atomenergie. Mit den Unterhauswahlen hatten wir noch nicht gerechnet. Jetzt überfordern sie uns personell und finanziell. Allein die Registrierung der Kandidaten würde uns eine Million Euro kosten. Wir sind noch sehr klein, weshalb wir uns auf die Gouverneurswahlen konzentrieren müssen.

In Deutschland verhalf Fukushima den Grünen zum ersten Ministerpräsidenten eines Bundeslandes. Warum sind Japans Grüne noch so klein?

Wir haben heute eintausend Mitglieder. Nach der Fukushima-Katastrophe kamen viele junge Mütter zu uns, die für ihre Kinder sichere Nahrungsmitteln wollen. Vor Fukushima hatten die Grünen nur halb so viele Mitglieder. Offiziell waren sie keine Partei, denn als solche werden in Japan nur diejenigen anerkannt, die mindestens fünf Parlamentsmandate oder eine Million Stimmen bekommen haben. Schon vor der letzten Neugründung gab es zwei vergebliche Versuche, als Partei anerkannt zu werden.

Bild: Sven Hansen
Im Interview: Masaya Koriyama

ist Sprecher der Grünen Partei Japans und zugleich ihr Direktor für internationale Angelegenheiten. Im Hauptberuf ist er Marketingexperte im Biolandbau.

Weshalb ist das so schwer?

Wir sind immer noch sehr klein wegen der ausbleibenden Medienberichterstattung. Mainstreammedien ignorieren uns. Über unseren Gründungskongress schrieben zwar die liberale Tageszeitung Asahi und das atomkritische Lokalblatt Tokyo Shimbun, die konservative Yomiuri und andere Blätter aber nicht. Die Medien berichten allerdings auch kaum über die von Ichiro Ozawa geführte Abspaltung von 50 Abgeordneten der regierenden Demokratischen Partei. Das ist immerhin eine anerkannte Partei und nicht nur eine Gruppe. Doch wenn die Menschen nichts von uns wissen, können Sie uns auch nicht unterstützen.

Hat der grüne Gouverneurskandidat Chancen?

Würde, wie ursprünglich geplant, nur die Gouverneurswahl stattfinden, würde unser Kandidat sicher wahrgenommen. Doch durch die gleichzeitigen Unterhauswahlen dominiert jetzt die nationale Politik. Unser Kandidat wird kaum beachtet.

Neben der Atomenergie sind in Japan die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Wirtschaftspolitik und der Inselstreit mit China Streitthemen. Welche Positionen vertreten die Grünen?

Höhere indirekte Steuern gehen zu Lasten der Armen, vielmehr sollten Steuernachlässe für Konzerne enden und Steuern für Reiche erhöht werden. Die Wirtschaftspolitik sollte Richtung „Green New Deal“ umgesteuert werden. Firmen sollten in erneuerbare Energien investieren statt in Atomkraft. Beim Inselkonflikt mit China hatte beide Regierungen eigentlich vereinbart, den Streit klein zu halten. Aber Tokios Gouverneur heizte ihn an. Beide Regierungen sollten den Konflikt, der jetzt nicht zu lösen ist, aussetzen. Wir sollten Wege suchen, die umstrittenen Inseln gemeinsam zu verwalten und Ressourcen dort gar nicht erst abzubauen.

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