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Grüne in Baden-WürttembergStimmung besser als die Lage

Die Grünen in Baden-Württemberg feiern pflichtschuldig ihren neuen Spitzenkandidaten Cem Özdemir. Er will Kretschmann als Ministerpräsident beerben.

Cem Özdemir beim Landesparteitag der Grünen in Baden-Württemberg Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Reutlingen taz | Der Spitzenkandidat trifft zum ersten Mal auf seine Landespartei, da sollte nichts schiefgehen, da wissen alle, was von Ihnen erwartet wird. Eigentlich treffen sich die baden-württembergischen Grünen, um die Landesliste für die vorgezogene Bundestagswahl aufzustellen. Cem Özdemir wird nicht mehr antreten, denn er will ja 2026 Kretschmann als grünen Ministerpräsidenten beerben.

Doch gleich zum Auftakt hält der künftige Spitzenkandidat eine „politische Rede“, die sichtbar darum bemüht ist, keinem weh zu tun. Özdemir ist eigentlich ein guter Redner, auf diesem Parteitag wirkt er eher routiniert. Er lobt das Land für seinen Tüftlergeist und betont, Wohlstand müsse erst einmal geschaffen werden, bevor er verteilt wird. Mit Blick auf die Bundestagswahl teilt er gleichermaßen gegen AfD und BSW aus: „Wer im Team Putin spiele, dürfe in einer Bundesregierung nicht auch nur in die Nähe von Verantwortung kommen.“

Özdemir geht die CSU, nicht aber die CDU hart an, da das Leistungsprinzip gelte, dürfte sie in der nächsten Regierung nicht den Verkehrsminister stellen. Und er empfiehlt dem entlassenen Finanzminister ein Kinderbuch über „die Streithörnchen“. Dafür kommen weder Klimaschutz noch Migration in seiner Rede vor. Als Özdemir gegen Ende etwas unvermittelt sagt, er habe sich dafür entschieden, als Spitzenkandidat anzutreten, da ist der Jubel groß, aber auch etwas pflichtschuldig. Er sagt: „Ich hoffe, man merkt es mir an, ich trete an, um die Wahl zu gewinnen“.

Seine Chancen, Kretschmann zu beerben, sind mit der vorgezogenen Bundestagswahl nach Ansicht vieler Grüner besser geworden. Die Rechnung geht so: Wenn Friedrich Merz im Februar nächsten Jahres Kanzler werden sollte, wird bis zur Landtagswahl elf Monate später der erste Lack für die CDU schon wieder ab sein. Und die CDU im Südwesten, die höchstwahrscheinlich mit dem jungen Manuel Hagel ins Rennen geht, und grade Umfragenhöhenflüge über 30 Prozent erreicht, wird dann eher Gegenwind aus Berlin bekommen. Dazu kommt: Die Grünen sind sich sehr sicher, dass Özdemir im persönlichen Vergleich gegen den selbst im Land weitgehend unbekannten Manuel Hagel die Nase vorn haben wird.

Lang hält die beste Rede

Aber jetzt erstmal einen kurzen Bundestagswahlkampf – und da braucht es nach der gescheiterten Ampel Nerven, zumindest wie Zahnseide. Durch das neue Wahlrecht gibt es weniger Plätze im Bundestag. Bei Umfragewerten um die 12 Prozent werden die Grünen außerdem Sitze verlieren, so sind die Plätze bis 20 umkämpft. Die neue Bundesvorsitzende der Grünen, Franziska Brantner aus Heidelberg, ist jedoch ohne Gegenkandidaten auf Platz eins gesetzt, sie erhält mit 92 Prozent der Stimmen ein ausgezeichnetes Ergebnis. Allerdings streichelt ihre Rede weniger die Seele der Partei, als es ihre Vorgängerin im Parteivorsitz Ricarda Lang in ihrer Rede tut, die auf Platz zwei der Liste kandidiert.

Sie ist es, die die Partei mit ihrer Bewerbungsrede an diesem Tag von den Sitzen reißt. Lang betont, eine Partei der Mitte, die die Grünen ja sein wollen, müsse „immer eine Partei der sozialen Gerechtigkeit“ sein. Sie habe sich befragt, ob sie wirklich nochmal antreten solle nach ihrem Rücktritt und entschieden: „Ich habe noch nicht fertig“. Dafür wird sie mit 94 Prozent auf Platz zwei der Landesliste gewählt.

Und so ist die Stimmung an diesem Adventssamstag bei den Grünen besser als die Lage. „Startklar“ ist das Motto, erst für die Bundestagswahl, dann für die Landtagswahl. Da trübt ein Abgang aus der Landtagsfraktion kaum die Parteistimmung. Am Vorabend des Parteitags gab die Landtagsabgeordnete Ayla Cataltepe aus dem Wahlkreis Göppingen bekannt, die Grünen zu verlassen und der CDU beizutreten. Sie begründet den Schritt ausgerechnet mit fehlender Resonanz zu ihrer Arbeit zum politischem Islam und extremistischen Gruppierungen. Themen, in denen es der neue Spitzenkandidat Özdemir bisher nicht an Klarheit hat vermissen lassen.

Der Abgang erinnert an die Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen aus Mannheim, die im Juli ihren Übertritt zur CDU bekannt gab und inzwischen auch von der Mannheimer CDU als Bundestagskandidatin nominiert wurde. Wenn man in die Partei hinein hört, ist Cataltepe ihrer Abwahl im Kreisverband zuvor gekommen. Das Signal nach außen sei unschön, aber der Verlust verkraftbar, heißt es in der Fraktion. Die Grünen wollen sich die gute Stimmung einfach nicht verderben lassen.

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2 Kommentare

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  • Der größte Vorteil für die Grünen ist bisher, das der Daimler noch keine 10.000 Leute entlassen hat. Relistisch wird das nix mit weiter Grün wie bisher. Abgesehen davon ist BW jetzt kein grünes Musterland geworden.

  • Boris Palmer wäre sicherlich der bessere Kandidat gewesen.



    Özdemir ist aber definitiv auch eine gute Wahl.



    Man kann den Grünen in Baden-Württemberg damit nur viel Erfolg wünschen.