Grüne beschließen „Hitzepapier“: Ran an den Schotter!
Die grüne Fraktion beschließt Forderungen gegen den „Hitzschlag“: mehr Wasser, mehr Schatten, weniger versiegelte Flächen und sterile Stein-Gärten.
Manche politischen Initiativen kommen wirklich zur Unzeit. Brütende Hitze, der Schweiß läuft, in den Seen bilden sich Schlieren – die grüne Fraktion erarbeitet einen Forderungskatalog, Titel „Klimaschutz ist auch Gesundheitsschutz: Den Berliner Hitzschlag vermeiden“. Am Dienstag wird er beschlossen, seitdem ist es regnerisch und kühl.
Natürlich hat das nichts zu sagen. Klimawandel bedeutet ja keineswegs, dass es immer und überall heiß und trocken ist, auch nicht, dass ständig Tornados über unsere Köpfe fegen. Es geht um eine Häufung von Extremwetterlagen wie Hitzewellen oder Dürreperioden. Da man die nicht mehr völlig verhindern können wird, gilt es, den Umgang damit zu lernen.
Das grüne Hitzepapier enthält eine Menge Punkte, vieles ist schon jetzt Stand der Dinge, die Umsetzung lässt aber zu wünschen übrig. Etwa beim „dezentralen Regenwassermanagement“, was meint, dass möglichst wenig kostbarer Niederschlag in der Kanalisation landen, sondern im Boden versickern soll – wo er Straßenbäumen zugutekommt und den Innenstadtgewässern schmutzige Überläufe erspart.
Schon jetzt gilt: Bei Neubauten muss so viel Regenwasser versickern können wie auf der Fläche im unbebauten Zustand. Möglich machen das Gründächer, Teiche und Co. Laut Georg Kössler, klimaschutzpolitischer Sprecher der Fraktion, lässt sich hier durch Förderung sowie verschärfte Regeln noch mehr herausholen. Er findet: „Das Versickerungsziel muss auch gelten, wenn eine bereits versiegelte Fläche neu überbaut wird.“
Besonders wichtig ist Kössler ein Punkt: Mit einem landesweiten „Parkplatz-Entsiegelungsprogramm“ soll Asphalt aufgebrochen werden, nicht nur im großen Maßstab vorm Discounter, sondern auch auf einzelnen Stellplätzen in Nebenstraßen. „Wo jetzt ein Auto parkt, kriegen Sie einen Baum und eine Bank unter. Es gibt wunderschöne Altbaustraßen, in denen heute kein einziger Baum steht“, sagt der Abgeordnete: „Das wollen wir ermöglichen.“
Aber auch kleine Mosaiksteinchen sind Teil des „Hitzepapiers“: Trinkbrunnen an Haltestellen oder in Parks, „kühle Meilen“ mit Wasserspielen und Schattenspendern, „Hitzeaktionspläne“ für die Kieze und Unterstützung für alle, die das Straßengrün gießen wollen. All das wird jetzt mit den anderen Fraktionen ausgehandelt.
Letzter Punkt der hoffentlich mit kühlem Kopf beschlossenen Liste sind „Schottergärten“ – oder „Gärten des Grauens“, wie der Volksmund so sagt. Untersagt seien diese ökologischen Nullflächen, die nur Hitze speicherten, bereits, sagt Kössler – das müsse aber auch mal durchgesetzt werden. Kommt hier die einst im Wendland erprobte Technik des „Schotterns“ zu neuen Ehren?
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