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Grüne Spitzenkandidatur für Berlin-WahlEx-Familienministerin Lisa Paus sagt ab

Die frühere Bundesfamilienministerin Lisa Paus sieht ihren Platz weiter im Bundestag – und sich selbst damit nicht zurück auf Berliner Landesebene.

Lisa Paus sieht ihre Zukunft weiter im Bundestag und nicht als Berliner Spitzenkandidatin 2026

Berlin taz | Bei den Grünen erhärtet sich die Annahme, dass Fraktionschefin Bettina Jarasch die Partei auch 2026 in die Abgeordnetenhauswahl führen wird, so wie schon 2021 und 2023. Denn Lisa Paus, bis Anfang Mai Bundesfamilienministerin, hat einer eigenen Spitzenkandidatur indirekt eine Absage erteilt. „Mein Platz ist im Bundestag, auch und gerade jetzt in der Opposition“, informierte Paus am Mittwoch den Landesvorstand in einem Brief, der der taz exklusiv vorliegt. Im linken Parteiflügel hatte es zuvor teilweise den Ruf danach gegeben, mit der Parteilinken Paus an der Spitze in die Abgeordnetenhauswahl zu gehen.

„Berlin hat es verdient, besser – grüner! – regiert zu werden“, schreibt Paus in ihrem Brief. Ihr Herz schlage für Berlin, doch ihren Platz, dazu ihren Beitrag zu leisten, sieht sie nicht im Landes-, sondern im Bundesparlament. Dort werde sie „mit all diesen Erfahrungen als stellvertretende und damit amtierende Vorsitzende des Haushaltsausschusses gebraucht“.

Paus hatte ihre politische Karriere im Abgeordnetenhaus begonnen, dem sie ab 1999 zehn Jahre angehörte. 2009 wechselte sie in den Bundestag. Bei den vergangenen drei bundesweiten Wahlen war sie jeweils Spitzenkandidatin der Berliner Grünen. 2017 hatte sich auch Bettina Jarasch um die Spitzenkandidatur für den Bundestag beworben, unterlag Paus aber klar. Hätte sich Paus nun anders entschieden, wäre es erneut zu einem Duell der beiden gekommen.

Die Grünen wollen zwar erst im November entscheiden, mit wem an der Spitze sie 2026 in die Berlin-Wahl gehen. Es deutet sich jedoch an, dass die dem realpolitischen Lager der Grünen zugeordnete Jarasch diese Position übernimmt. An ihrer Seite soll Werner Graf vom linken Parteiflügel antreten, mit dem sie seit 2023 auch zusammen die Fraktion im Abgeordnetenhaus führt. Die Konstruktion ist noch etwas unklar, aber Jarasch soll offenbar diejenige sein, die bei einem Wahlsieg grüne Regierungschefin im Roten Rathaus würde.

Auch Daniel Wesener hat abgesagt

Bei einem Treffen des im Berliner Landesverband dominierenden linken Parteiflügels, dem ein Treffen der Frauen dieses Lagers vorausging, hatte es vergangenen Freitag Kritik an diesem Modell gegeben. Wenn Jarasch anträte, wäre wieder keine Frau aus dem linken Lager Spitzenkandidatin, lautete die Kritik. Auch die Jarasch-Vorgängerinnen Renate Künast und Ramona Pop kamen aus dem Realo-Flügel. Als Alternativen zu Jarasch galten dabei Paus und die frühere Fraktionschefin Antje Kapek.

Kapek war schon vor der Wahl 2020 als mögliche Spitzenkandidatin im Gespräch. Anfang 22. Februar 2022 war sie überraschend vom Fraktionsvorsitz zurückgetreten. Als Grund gab sie an, sie sei zu erschöpft als Folge des Wahlkampfes, der Koalitionsverhandlungen und der Coronapandemie.

Vor Paus hatte bereits der zuvor ebenfalls als möglicher Spitzenkandidat gehandelte Exfinanzsenator Daniel Wesener abgesagt. Dass er dafür gehandelt wurde, ehre ihn zwar. Aber: „Andere Menschen in unserem Landesverband“ könnten „diese besonders herausgehobene Position besser ausfüllen“ als er. Wesener will auch nicht erneut für das Abgeordnetenhaus kandidieren.

Die offizielle Entscheidung Richtung Abgeordnetenhauswahl – die für den 20. September 2026 angesetzt ist – wollen die Grünen offenbar bei einem Landesparteitag im November treffen. Der Kreisverband Mitte hatte Ende 2024 angeregt, die Spitzenkandidatur über eine Mitgliederbefragung zu regeln, sich damit aber nicht durchsetzen können.

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1 Kommentar

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  • Auf kommunaler Ebene bringen die Grünen in Berlin viele gute Initiativen - z.B. Milieuschutz, Verkehrsberuhigung, neue Spielplätze, Aufwertungen vieler bis vor kurzem verlotterter Parks. Da bin ich durchaus zufrieden.

    Und das bin ich selten, naja.

    Für schwarzrot wird es 2026 wie überall sonst nicht mehr reichen und der CDU-Regierende kann also eine Episode bleiben (auch wenn Wegner einige positive liberale Akzente setzen konnte, aber was bleibt ihm als Berliner Bürgermeister auch anderes übrig).

    SPD und CDU fällt ansonsten in Berlin wie eh und je nichts besseres ein als beim Sozialen sparen, bei Hochschulen kürzen und mit der Immobilienlobby kuscheln (natürlich gibt es trotzdem keine Wohnungen).

    Deswegen setze ich meine Hoffnungen auf Linke und Grüne und glaube an einen rotrotgrünen Senat mit einer gerupften SPD unter Führung der Linken.

    Passt einfach besser zu Berlin.