■ Mit dem Öko-Paß auf du und du: Grüne Neckermänner
Berlin (taz) – 40.000 Artikel vertreibt Neckermann mit seinem Katalog. Vom Wintermantel zum Badeanzug und von der Küchenschürze bis zum Werkstattregal. Um in Zukunft für all diese Produkte zu wissen, ob bei ihrer Produktion oder Entsorgung ökologische Probleme zu erwarten sind, hat die Umweltabteilung des zum Karstadt- Konzern gehörenden Versandhauses einen Öko-Paß eingeführt.
Alle Hersteller, die mit ihren Produkten künftig bei Neckermann gelistet werden wollen, müssen standardisierte Fragebögen ausfüllen. Dabei fragen die Versandhändler nach Produktionsverfahren, Inhaltsstoffen, Reparaturfreundlichkeit und Entsorgungswegen. Bei Textilien will Neckermann wissen, ob sie mit schwermetallhaltigen Farben gefärbt wurden, ob bei der Produktion chlorhaltige Beichmittel eingesetzt oder ob die Stoffe mit Bioziden behandelt wurden. Der Einführung des Ökopasses bis zum Frühjahr/Sommer-Katalog 1998 ging eine mehrmonatige Testphase voran.
Um die relevanten Umweltdaten zu erfassen und in Zukunft auch bestimmte problematische Produkte aus ökologischen Gründen aus dem Sortiment nehmen zu können, haben die Umweltleute die Produkte des Neckermann-Katalogs in 26 Produktgruppen gesplittet und für jede Gruppe einen spezifischen Fragebogen entwickelt.
Erst die Aufteilung in solche Produktgruppen macht es möglich, sinnvoll Kriterien für die ökologischen Auswirkungen einzelner Produkte zu entwickeln. „Wir haben noch viel zu wenig Produkte mit Umweltzeichen“, sagt Harald Neitzel vom Umweltbundesamt. „Wenn die Versandhändler hier vorangehen, kann man das nur begrüßen.“ Öko-Pässe wie bei Neckermann wirkten in zwei Richtungen. „Sie sind eine Botschaft an die Industrie.“ Die Umweltverträglichkeit der Produkte sei ein Wettbewerbsfaktor. Und sie erlauben den Konsumenten, umweltfreundlichere Produkte auszusuchen.
Um die Konsumenten geht es Neckermann natürlich. „Wir wollen dem Kunden ein Gefühl der Sicherheit geben, gleichgültig, ob er bewußt Artikel mit Umweltzeichen kauft oder sich für normale Produkte entscheidet“, erklärt Umweltvorstand Reinhard Dirks die Neckermann-Strategie. Und mit Hilfe der Daten des Öko-Passes könne man gemeinsam mit den Lieferanten nach umweltverträglichen Alternativen suchen – zum Beispiel beim Verzicht auf die Chlorchemie. Hermann-Josef Tenhagen
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