Grüne Landesverbände: Seltsames Saarland
Für die Bundesgrünen in Berlin ist das Saarland ein fernes Bundesland, in dem seit Jahren ein unbekannter Mann nach ganz eigenen Regeln grüne Politik macht.
BERLIN taz | Als der Chef der Saar-Grünen Hubert Ulrich nach der Saarland-Wahl im Parteirat in Berlin berichtete, wie er sich die Koalitionsverhandlungen vorstelle, hieß es nachher: "Da ist man dann doch etwas überrascht, dass der Mann recht rational argumentiert."
Aus Angst, Ulrich könne noch vor der Bundestagswahl zu deutlich zu einem schwarz-gelb-grünen Bündnis neigen und dadurch den bundesweiten Wahlkampf beschädigen, erbat sich die Bundesspitze, dass er wenigstens seine Vorliebe für einen SPD-Regierungschef klar betone. "Wir sind im Saarland angetreten mit dem Ziel, dass Heiko Maas Ministerpräsident wird", erinnerte Fraktionschefin Renate Künast. Deutlicher wollte man nicht werden, um keine Trotzreaktion zu provozieren.
Diese Linie wird seither gehalten. Der Bundestagswahlkampf ist nun zwar vorbei. Doch hat sich die Sortierung der politischen Gegnerschaften aus Sicht der Grünen nicht wesentlich verändert. Die Grünen im Bund beginnen gerade, sich auf Union plus FDP einzuschießen. Ende Oktober wird der Bundesparteitag in Rostock stattfinden. Dort soll es ein Feuerwerk an Kampfansagen gegen Schwarz-Gelb geben. Wenn Hubert Ulrich in Rostock dann stolz berichten würde, dass und wie er die Grünen in eine Jamaika-Regierungsbeteiligung geführt hat - nun ja, es würde die Botschaft etwas eintrüben.
Auch die rheinland-pfälzischen Grünen, die immerhin geografisch am nächsten dran sind, können über Ulrichs Motive und die Besonderheiten der saarländischen Politik nur Mutmaßungen anstellen. Der Landesvorsitzende Daniel Köbler findet eine Jamaika-Koalition "ein Stück weit erklärungsbedürftiger" als eine rot-rot-grüne Koalition. Im Übrigen wird in Rheinland-Pfalz im Frühjahr 2011 ein neuer Landtag gewählt. So wenig wie im Bund "wäre eine Jamaika-Diskussion auch vor unseren Landtagswahlen nicht sinnvoll, speziell weil es uns darum geht, über die Fünfprozenthürde zu kommen", sagt Köbler.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?