Grün-Schwarz in Baden-Württemberg: Mehr bewahrt als verändert
Seit fünf Jahren arbeiten die Grünen in Baden-Württemberg mit der CDU zusammen. Viele grüne Herzensprojekte blieben dabei auf der Strecke.
Misst man fünf Jahr später die Erfolge der beiden Koalitionspartner auf ihren Gebieten, dann liegt die CDU mit ihren Lieblingsthemen wohl vorne. Gleich zwei Verschärfungen ließen die Grünen unter dem Eindruck von Terrorszenarien wie dem Anschlag auf den Breitscheidplatz in der Koalition passieren. Zudem erreichte Strobl eine Einstellungsoffensive, die die Zahl der Überstunden bei den Beamten abbauen helfen soll.
Auch im Wahlkampf sieht die CDU die innere Sicherheit ungeachtet der niedrigen Kriminalitätsrate als Stimmenbringer an und plakatierte das oft parodierte Plakat: „CDU wählen, weil wir Verbrecher von heute mit der Ausrüstung von morgen jagen.“
Die Grünen dagegen hatten einige Mühe, ihre Themen umzusetzen. Die CDU stellte sich bei der vereinbarten Reform des Wahlrechts am Ende quer. Wegen komplizierter Genehmigungsverfahren wurde die schon 2011 versprochene Quote von 10 Prozent Strom aus Windrädern bis heute nicht erreicht.
Die Verkehrswende blieb aus
Mit einer Solarpflicht auf Dächern von Gewerbegebäuden konnte immerhin die Photovoltaik entscheidend nach vorn gebracht werden. Allerdings verhinderte auch hier der Koalitionspartner, dass diese Pflicht auch für Privathäuser gilt.
Immerhin ist es Kretschmann gelungen, eines der modernsten Artenschutzgesetze in Deutschland zu beschließen. Einen Erfolg gegen Pestizide und für mehr Schutzflächen für Insekten und Pflanzen, den auch die Umweltschutzverbände für wegweisend halten. Doch dies gelang nur, weil die Landesregierung durch ein Bienenvolksbegehren, das noch strengere Maßnahmen forderte, erheblich unter Druck stand.
Wie mühsam das Reformgeschäft mit einem konservativen Koalitionspartner ist, hat auch der altgediente Verkehrspolitiker Winne Hermann erfahren. Zwar steckte er viel Geld in den Ausbau des Radwegenetzes und die Sanierung und Elektrifizierung von Bahnstrecken, doch eine echte Verkehrswende bleibt auch nach zehn Jahren grünen Regierens eine Utopie.
„In der Schulpolitik sei es mit der SPD besser gelaufen als mit der CDU“, sagt selbst Winfried Kretschmann, der nicht als besonderer Freund der Sozialdemokraten gilt. Immerhin gab es damals mit der Einführung der Gemeinschaftsschulen ein gemeinsames Projekt. Mit denen hat die CDU zwar ihren Frieden gemacht, aber Kultusministerin Susanne Eisenmann hatte auch ohne das zeitweilige Schulchaos in der Pandemie wenige Erfolge vorzuweisen.
Grüne Ernüchterung
Die unbesetzten Lehrerstellen haben ihre Vorgänger zu verantworten. Auch die Elektronische Lehr- und Lern-Assistenz „Ella“ haben sie aufs Gleis gesetzt. Aber Eisenmann konnte sie nicht erfolgreich machen. Dabei wäre Ella als einheitliche Schulplattform mit dem Zugang zu einer zentralen Bibliothek und einem datengeschützten Austausch genau das richtige Instrument gewesen, um den Schulbetrieb in der Coronakrise aufrechtzuerhalten.
Empfohlener externer Inhalt
Doch Ella konnte nie, was sie sollte, das Kultusministerium stoppte das Projekt und versenkte mindestens 8 Millionen Euro. Die Schulen müssen sich nun mit anderen Lösungen durch die Krise lavieren.
Insgesamt bleibt eine gewisse Ernüchterung zurück, wenn man die Grünen nach der Bilanz der letzten sechs Jahre fragt. Ob die Genehmigung von Windrädern oder Tempolimits, die CDU sei in den vergangenen Jahren in der Klimapolitik ein Klotz am Bein gewesen, sagt der Chef der Landesgrünen, Oliver Hildenbrand.
Er teilt mit Kretschmann zumindest in manchen Bereichen eine Sehnsucht nach den Sozialdemokraten als Regierungspartner. Ob Grün-Schwarz oder Ampel – die Umfragen deuten darauf hin, dass Kretschmann nach der bevorstehendes baden-württembergischen Landtagswahl am 14. März die Wahl hätte. Ausgang offen.
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