piwik no script img

Großrazzia in der TürkeiUSA und EU verurteilen Verhaftungen

Die türkische Polizei hatte am Wochenende Dutzende angebliche Regierungsgegner festgenommen, darunter auch Journalisten. Das Vorgehen stößt auf scharfe Kritik.

Verhaftung von Ekrem Dumanli (Mitte), dem Chefredakteur von Zaman. Bild: dpa

ISTANBUL dpa | Die USA und die EU haben die landesweite Razzia gegen Journalisten und angebliche Regierungsgegner in der Türkei kritisiert. Die USA appellierten „als Freund und Verbündeter“ an die türkischen Behörden, sicherzustellen, dass ihre Handlungen die demokratischen Fundamente des Landes nicht verletzen. Die EU verurteilte die Aktion als „unvereinbar mit der Freiheit der Medien“.

Im Zuge des Einsatzes wurden nach Angaben des Senders CNN Türk 32 Haftbefehle erlassen und 24 der Verdächtigen festgenommen. Darunter war unter anderem der Chefredakteur der Zeitung Zaman, Ekrem Dumanli. Zaman und der Medienkonzern Samanyolu stehen dem mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan verfeindeten islamischen Prediger Fethullah Gülen nahe. Nach Angaben von Dumanlis Anwalt wird dem Chefredakteur vorgeworfen, eine „Organisationsstruktur“ mit dem Ziel aufgebaut zu haben, die Souveränität der türkischen Regierung auszuhebeln.

Zu den Razzien kam es rund ein Jahr nach Korruptionsvorwürfen gegen Vertraute Erdogans. Staatspräsident Erdogan wirft seinem einstigen Verbündeten Gülen vor, Polizei und Justiz unterwandert zu haben und die Regierung stürzen zu wollen. Auch hinter den im Dezember 2013 bekanntgewordenen Korruptionsvorwürfen gegen Ministersöhne der AKP-Regierung vermutet er die Gülen-Bewegung. Die Ermittlungen wegen Korruption sind inzwischen eingestellt worden. In einem am Wochenende in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Interview warnte der in den USA lebende Gülen vor einer „Hexenjagd“ in der Türkei.

In Washington sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Jen Psaki: „Offensichtlich gehören Medien, die sich kritisch gegen die derzeitige türkische Regierung äußern, zu den Zielobjekten dieser Aktionen der türkischen Sicherheitskräfte.“ Medienfreiheit sei in der Verfassung verankert.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn teilten mit: „Diese Operation widerstrebt den europäischen Werten und Standards.“ Sie verwiesen darauf, dass der Beitritt von EU-Kandidaten zur Union vom „vollen Respekt für die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte“ abhänge. Die Türkei ist seit 1999 EU-Beitrittskandidat, seit 2005 wird darüber verhandelt.

Der deutsche Grünen-Parteichef Cem Özdemir erklärte, die Durchsuchungen seien ein „weiteres Alarmsignal“ dafür, dass sich die Türkei von Europa und der Demokratie entferne.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu äußerte sich zunächst nicht zu den Razzien. Auf einer Veranstaltung der islamisch-konservativen Regierungspartei in der osttürkischen Provinz Elazig sprach er am Sonntag lediglich von einem „Tag der Prüfung“. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu kritisierte die Verhaftungen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • In Washington sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Jen Psaki: „Offensichtlich gehören Medien, die sich kritisch gegen die derzeitige türkische Regierung äußern, zu den Zielobjekten dieser Aktionen der türkischen Sicherheitskräfte.“ Medienfreiheit sei in der Verfassung verankert.

     

    Vlt. erst mal den Misthaufen vor der eigenen Tür beseitigen .