Große Koalition ringt um Paragraf 219a: Die Geduldsprobe
Eine Lösung des Streit über das „Werbeverbot“ für Abtreibungen verzögert sich erneut. Die Opposition drängt, die Abstimmung freizugeben.
Es gebe konstruktive und lösungsorientierte Gespräche in der Bundesregierung, heißt es aus dem federführend zuständigen Justizministerium. Von einem fertigen Kompromiss ist nicht die Rede. Selbst wenn die beteiligten Ministerien sich auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt haben, müssen die Fraktionen von SPD, CDU und CSU dem Kompromiss noch zustimmen. Ein Selbstläufer ist das nicht: Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte am Sonntagabend bei Anne Will: „Das Werbeverbot soll und darf nicht abgeschafft werden.“
Der Paragraf verbietet neben Werbung auch, dass Ärzt*innen öffentlich darüber informieren, dass sie Abtreibungen durchführen. Die SPD will den Paragraf 219a abschaffen, hat sich aber mit der Union darauf geeinigt, einen Kompromissvorschlag der Regierung bis Ende des Jahres abzuwarten.
Spitzentreffen geplatzt
Man erwarte im Laufe der Woche einen Vorschlag, heißt es aus der SPD. Eigentlich sollte es im Koalitionsausschuss am Mittwoch um einen möglichen Kompromiss gehen – die dpa berichtet nun mit Bezug auf Koalitionskreise, dass das angedachte Spitzentreffen doch nicht stattfinden soll. Stattdessen soll es im Januar einen Koalitionsausschuss mit einem inhaltlichen Aufschlag geben.
Grüne, Linke und FDP drängen die SPD derweil, die Abstimmung als Gewissensentscheidung freizugeben. Gemeinsam hätten die Fraktionen eine knappe Mehrheit für eine Reform oder gar Streichung des Paragrafen. Dieser Forderung schloss sich am Sonntag auch der ehemalige SPD-Parteichef Martin Schulz an.
Auch andere SPD-Abgeordnete sind das Warten leid. „Es ist doch langsam lächerlich, wie lange wir uns schon in ‚guten Gesprächen‘ mit der Union befinden“, sagte etwa Florian Post, der ebenfalls eine Freigabe der Abstimmung fordert. „Wir werden Andrea Nahles noch einmal aufzeigen, wo unsere Schmerzgrenze ist“, kündigte Post mit Blick auf die Fraktionssitzung am Dienstag an. Es müsse Ärzt*innen möglich sein, sachlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sagte Post. „Ein Kompromiss, der den Wortlaut des Paragrafen nicht anfasst, kann nur als ‚Wischiwaschi‘ bezeichnet werden.“
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