Große Koalition in MeckPomm: Erwin Sellerings Sieg
In Schwerin wird Rot-Schwarz weiterregieren. Erwin Sellering hat die CDU auf seine Linie gebracht. Die Christdemokraten sind jetzt sogar für Mindestlöhne.
BERLIN taz | Erwin Sellering (SPD) trat am Mittwochabend in Rostock sehr entspannt vor die Kameras. Was der Ministerpräsident verkündete, ist ein Erfolg für die SPD auf ganzer Linie. Die SPD wird mit der CDU Koalitionsverhandlungen aufnehmen - und ein Vergabegesetz mit Mindestlöhnen anstreben. Damit hat sich die SPD in einer Schlüsselfrage durchgesetzt. Die CDU hatte sich im Wahlkampf hartnäckig gegen Mindestlöhne gewehrt.
"Wir waren in der komfortablen Lage zwischen einem guten und einem sehr guten Angebot zu wählen", so Sellering. Die Entscheidung für die CDU fiel auch, weil die große Koalition bei den Bürgern beliebter war als Rot-Rot. Sellering, der sich gekonnt als Konsens-Ministerpräsident inszeniert, betonte: "Dies ist keine Entscheidung gegen die Linke." Man werde von ihm "kein böses Wort über die Linke hören".
Steffen Bockhahn, Landeschef der Linkspartei, kritisierte die Entscheidung: "Die SPD hat sich für das kuschelige Weiter-so entschieden", so Bockhahn zur taz. Die Linkspartei werde einen scharfen Oppositionskurs einschlagen. "Wir sind nicht Regierung im Wartestand, sondern Oppositionsführer." Man werde Druck machen, dass das an Mindestlöhnen gekoppelte Vergabegesetz keine Ankündigung bleibe.
Die Linkspartei fordert, dass das Land nur Firmen beauftragt, die 10 Euro Stundenlohn zahlen. Die SPD strebt 8,50 Euro an. Die große Koalition hatte erst kürzlich ein Vergabegesetz beschlossen, dass Landesaufträge an die Tariftreue von Firmen bindet. Die Tariflöhne liegen im Nordosten allerdings oft unter 8 Euro.
Matthias Brodkorb, Vize-Fraktionschef der SPD im Schweriner Landtag, sagte der taz: "Die CDU ist uns in essenziellen Punkten entgegengekommen." Damit wurde offenbar der Rot-Rot-affine Flügel in der SPD ruhiggestellt. Parteirat, Fraktion und Vorstand haben die Verhandlungen mit der CDU ohne Gegenstimme und kontroverse Debatte durchgewinkt. Die Koalitionsgespräche sollen sofort beginnen. Der Koalitionsvertrag soll am 22. Oktober abgesegnet werden.
Für die CDU in Schwerin ist das Ergebnis allenfalls ein halber Erfolg. Zwar kann Innenminister Lorenz Caffier wohl weiter mitregieren. Doch das hat seinen Preis. Die SPD gewann bei der Wahl rund fünf Prozentpunkte dazu und kam auf 35,6 Prozent, die CDU erzielte nur 23 Prozent. Nach taz-Informationen wird die CDU ein Ministerium an die SPD abgeben. Bisher stellten CDU und SPD je vier Minister. Auch das CDU-geführte Ressort Arbeit und Wirtschaft steht zur Disposition.
Die CDU schnitt bei den Wahlen in den Kommunen besser ab als im Land - eine Quittung der WählerInnen für die unscheinbare Rolle der CDU als kleiner Partner des populären Erwin Sellering in Schwerin. SPD-Mann Matthias Brodkorb ist sich sicher, dass die CDU wie bisher "ein verlässlicher Partner bleibt". Die Frage ist, wo die SPD der CDU entgegenkommen wird. Denkbar ist die Bildungspolitik. Die SPD will ein längeres gemeinsames Lernen, die CDU nicht.
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