Großbrand zerstört Großmarkt in Ghana: In Schutt und Asche, aber das Geschäft geht weiter
Ein Feuer hat Westafrikas größten Markt für gebrauchte Kleidung zerstört. Der Kantamanto Market in Ghanas Hauptstadt Accra ist weitgehend abgebrannt.
Es war ein wahres Labyrinth an Gängen, dicht gefüllt mit aller Art an Kleidung, Stoffen und Schuhen. Ein schweres Feuer in der Nacht vom 1. auf den 2. Januar hat nun alles in Schutt und Asche gelegt. Lediglich der Betonboden ist übriggeblieben.
Der aber ist wenige Tage später bereits sauber gefegt. „Wir haben alles selbst weggeräumt“, sagt Linda Amoako. Vor dem Brand hat die 35-Jährige hier Handtaschen verkauft. „Mein Mann hat dort hinten Kleider verkauft“, sagt sie und zeigt ein paar Meter weiter. Das Ehepaar hat seine gesamte Existenz in dem Feuer verloren.
„An die 2.500 Stände sind abgebrannt“, schätzt Yayra Agbofah von der Organisation The Revival. Etwa sechs bis acht Fußballfelder ist der Markt groß, rund drei Viertel davon sind komplett zerstört. Das Studio des Designers ist gerade so vom Flammenmeer verschont geblieben. Der kleine Holzverschlag ist eigentlich zum Lagern von Kleidung gedacht. Agbofah und sein Team haben es sich zur Aufgabe gembacht, weggeworfene Altkleider zu recyceln, und haben dafür den Lagerraum in eine Nähwerkstatt umgebaut.
Herzstück eines globalen Handelskreislaufs
Geschätzt 15 Millionen gebrauchte Kleidungsstücke werden jede Woche aus Europa, Nordamerika und Asien nach Ghana verschifft. Diese werden repariert, aufbereitet und wiederverkauft. Der Kantamanto Market ist das Herzstück des Kreislaufs, ein Umschlagplatz für Altkleider aus aller Welt und Einkommensquelle für Tausende Ghanaer.
Yayra Agbofah und sein Team sind Teil dieser Kette, ein Sinnbild für Innovation und Beharrungskraft. Der informelle Sektor bietet Chancen auf Einnahmen, ohne hohe Hürden wie eine gute Ausbildung oder großes Startkapital – Faktoren, die umso bedeutender sind, seit Ghana 2022 in eine seiner schwersten Wirtschaftskrisen überhaupt abrutschte.
13 Löschfahrzeuge waren im Einsatz, allerdings ohne ausreichend Löschwasser. Auch hätten sich die Löschbemühungen eher auf die nahegelegene Bank konzentriert als auf den Markt, berichten umstehende Verkäufer. Vorläufige Untersuchungen deuten darauf hin, dass fehlerhafte elektrische Anschlüsse den Brand ausgelöst haben könnten, doch auch Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen.
In wenigen Tagen, am 7. Januar, wird in Ghana ein neuer Präsident vereidigt: John Dramani Mahama vom National Democratic Congress (NDC). Dieser hatte bei den Wahlen am 7. Dezember mit 57 Prozent einen Erdrutschsieg eingefahren. Doch Linda Amoako winkt ab. Sie macht sich keine große Hoffnung, dass staatliche Unterstützung kommt.
Das Geschäft geht weiter
Keine 24 Stunden nach dem Feuer ist ein Großteil des zerstörten Marktes bereits wieder freigeräumt. Tausende Menschen haben sich in Eigeninitiative versammelt und arbeiten rund um die Uhr. Nadel und Faden sind vorerst Schaufeln und Spitzhacken gewichen.
Langsam steigt eine Frau eine wackelige Holzleiter hinauf. Auf ihrem Kopf balanciert sie eine große Blechschüssel, randvoll mit Schutt. Eigentlich werden diese zum Verkauf von Getränken oder Essen genutzt. Ihre Arme und Beine zittern, als sie sich Schritt für Schritt die Leiter hochzieht, um den Inhalt auf die Ladefläche eines Lkws zu kippen. Schweiß tropft ihr von der Stirn. Der lange Rock verfängt sich immer wieder zwischen Leiter und Sandale.
Während die Rauchschwaden noch über den Platz wabern, erreicht bereits die erste Lieferung Holz die Händler: Das Geschäft geht weiter. Rund 30.000 Menschen arbeiten in den engen Gassen des Marktes. Es ist nicht das erste Mal, dass er von einem Brand betroffen ist. Dieser aber ist der mit Abstand verheerendste.
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