GroKo-Einigung bei Bildung: Bund und Land, Hand in Hand
Schwarz-Rot einigt sich auf ein 11-Milliarden-Paket. Damit der Bund wieder in Schulen investieren darf, soll das Grundgesetz geändert werden.
Heil zeigt Großmut. Denn die Ergebnisse lesen sich wie ein Wünsch-Dir-was der SPD: Das Grundgesetz soll geändert werden und der Bund künftig die Möglichkeit erhalten, in die kommunale Bildungsinfrastruktur zu investieren – sprich in Schulen und Kitas. Damit sei ein neues Ganztagsschulprogramm möglich, frohlockte Heil.
Das erste, 2003 von der damaligen SPD-Bildungsministerin Edelgard Bulmahn angestoßene Ganztagsschulprogramm war ein Renner – und beste Werbung für die SPD. Es lief so gut, dass die Ex-Unionsministerpräsidenten Edmund Stoiber und Roland Koch bei der Föderalismusreform von 2006 durchsetzten, dass sich der Bund künftig nicht mehr finanziell in die Länderangelegenheiten – zuvorderst Schulen und Hochschulen – einzumischen hat. Die SPD sprach daraufhin verbittert vom – Pardon – Kooperationsverbot.
Die künftige Große Koalition will nun ein neues Ganztagsschulprogramm auflegen. Zwei Milliarden Euro will der Bund bis 2021 in die Grundschulen investieren, um diese zu Ganztagsschulen umzubauen. Derzeit wird nur ein Drittel der Grundschüler ganztags betreut. Angestrebt wird auch ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz – allerdings nicht mehr in dieser Legislaturperiode, sondern erst 2025.
Insgesamt wollen Union und SPD 11 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren zusätzlich in den Bildungsbereich stecken. Neu gegenüber dem Stand der Sondierungsergebnisse ist, dass davon auch 3,5 Milliarden Euro für den sogenannten Digitalpakt in dieser Legislatur fest gebucht sind. Den Pakt hatte die scheidende Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) angestoßen, um die Schulen mit schnellem Internet und zeitgemäßen Computern auszustatten. Allerdings tauchten die einst vorgesehen 5 Milliarden Euro nie im Bundeshaushalt auf – auch weil die Verhandlungen mit den Ländern stockten.
Kretschmann ist dagegen
Mit der geplanten Grundgesetzänderung wäre diese Direktinvestition des Bundes nun rechtlich kein Problem mehr. Allerdings muss die Grundgesetzänderung nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden. Die SPD-geführten Länder stünden dahinter so Heil, auch bei der Union sehe er keine Probleme. Überzeugungsarbeit müsse man in Baden-Württemberg leisten.
Hier führt der Grüne Winfried Kretschmann die Regierung. Dass der überzeugte Föderalist seine Meinung ändert, ist nicht zu erwarten – obwohl eigentlich auch seine Partei für die Abschaffung des Kooperationsverbots ist. „Wir sind mit diesem Ergebnis nicht zufrieden“, sagte ein Sprecher Kretschmanns. Man halte nichts davon, dass der Föderalismus weiter ausgehöhlt werde. Diese Haltung werde man auch in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern vertreten. Mit dem schwarzen Koalitionspartner sei man sich da im Übrigen einig.
Die bayerische CSU ist pragmatischer. Man sei mit dem Ergebnis zufrieden, so der Sprecher des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle. In einer Pressemitteilung betonte Spaenle, es sei wichtig, dass sich der Bund künftig auch an Investitionen der Länder in die Bildungsinfrastruktur beteiligen werde, vor allem in Ganztags- und Betreuungsangebote, in Digitalisierung und in der beruflichen Bildung. „Die Verantwortung für die Bildung bleibt bei den Ländern.“
3,5 Milliarden für Kitas
Für die weiteren Projekte im geplanten Bildungspaket der Großen Koalition ist keine Verfassungsänderung nötig. 3,5 Milliarden will der Bund den Länder zur Verfügung stellen, um kostenlose Kitaplätze anzubieten oder die Qualität der Betreuung zu verbessern. Eine Milliarde sind für eine Bafög-Erhöhung vorgesehen, 350 Millionen für eine Erhöhung des Meister-Bafögs und 600 Millionen Euro um die Finanzierung der zusätzlichen Studienplätze sicher zu stellen, die im Zuge des Hochschulpakts geschaffen wurden.
„Wer immer das Bildungsministerium bekommt, wird viel gestalten können“, meinte Heil. Er sah so aus, als habe er Lust darauf. Die Verteilung der Ministerien wird allerdings ganz am Ende der Verhandlungen geklärt.
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