Griechenland und die Gläubiger: Die Kuh auf dem Eis
Renten, Mehrwertsteuer, Überschuss: Die Differenzen zwischen Griechenland und Geldgebern bleiben groß, aber eine Annäherung wird versucht.
Mit einem deutschen Sprichwort versuchte es auch Angela Merkel. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, machte sie sich vor einem kurzfristig anberaumten Tête-à-tête mit Tsipras Mut. Danach wollte Merkel sich nicht mehr zum Stand der Dinge äußern. Der Ball liege nun im Feld der Griechen, hieß es. Zurück auf Start, sozusagen.
Doch diesmal hat man auch ein Ziel vor Augen: Spätestens beim nächsten Treffen der Eurogruppe kommenden Donnerstag muss eine Einigung stehen. Denn sonst reicht die Zeit nicht mehr, um rechtzeitig bis zum 30. Juni die versprochenen 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden zweiten Hilfsprogramm auszuzahlen und Griechenland vor der Pleite zu retten. Einen „Grexit“, so betonte Merkel, könne man sich nicht leisten. Zumindest aber will Deutschland nicht schuld daran sein.
Auch das Prozedere ist einigermaßen klar: Nach einer Einigung auf Arbeitsebene müsste die Eurogruppe den Deal absegnen. Danach müsste Tsipras die vereinbarten Reformen im Parlament einbringen. Sollte die Vereinbarung große Änderungen gegenüber den bisherigen Plänen enthalten, müsste wohl auch der Bundestag zustimmen. Dies haben führende Wirtschafts- und Finanzpolitiker der CDU/CSU-Fraktion gefordert.
Brüssel hört die Botschaft
Doch worüber will man überhaupt reden? Eine Senkung der Renten und eine Lockerung auf dem Arbeitsmarkt, wie sie die Gläubiger nach einem Treffen im Berliner Kanzleramt gefordert hatten, kommt für Tsipras nicht in Frage. „Absurd“ sei das, erklärte er im griechischen Parlament. Die Botschaft ist in Brüssel angekommen. „Wir sind bereit, über Alternativen zu den Rentenkürzungen zu reden“, sagte der für den Euro zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis.
Allerdings müsse Athen dann andere Reformen oder Kürzungen vorschlagen, die denselben Einspareffekt haben. Entscheidend sei, dass Griechenland seinen Schuldenberg von über 180 Prozent der Wirtschaftsleistung wieder tragfähig mache – also abbaue, so Dombrovskis.
Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Staatsbudget zu, das einen dauerhaften Primärüberschuss – also schwarze Zahlen vor dem Abzug des Schuldendienstes – aufweisen soll. Die Geldgeber hatten zunächst 1,5 Prozent Überschuss im laufenden Jahr gefordert und waren zuletzt auf 1 Prozent heruntergegangen. Demgegenüber hat Tsipras nur 0,75 Prozent geboten. Zudem will er die Mehrwertsteuer nicht so stark erhöhen, wie dies die Gläubiger fordern.
In beiden Streitpunkten sind jedoch Kompromisse möglich. So deutete Tsipras Entgegenkommen beim Primärüberschuss an. In Brüssel machte sich prompt Optimismus breit.
Und wenn es doch nicht klappt? Dann gibt es immer noch die Möglichkeit, den laufenden Hilfsplan zu verlängern und Griechenland mit Überbrückungskrediten über Wasser zu halten. Das hätte den Charme, dass Athen wertvolle Zeit für Reformen gewinnen würde – und Berlin nicht über einen neuen, dritten Hilfsplan reden müsste. Für den gibt es derzeit nämlich vermutlich keine Mehrheit im Deutschen Bundestag.
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