Griechenland lehnt Rettungskonzept ab: Zoff auf der Bühne
Giftige Blicke, ironische Andeutungen, hochrote Köpfe. Griechenlands Finanzminister Jannis Varoufakis will nicht mit der Troika kooperieren.
ATHEN dpa | Schon vorher knisterte es gewaltig. Als Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und Griechenlands neuer Finanzminister Jannis Varoufakis nach zweistündigem Gespräch den Presseraum betraten, war die Atmosphäre zum Zerreißen gespannt. Die Politiker warfen sich giftige Blicke zu – und schenkten sich nichts. Zwischen Athen und Brüssel ist ein Riesenstreit ausgebrochen, der Ausgang ist offen, viele befürchten schon die Katastrophe.
Als erster stieg Varoufakis in den Ring. Die Troika aus Kontrolleuren der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) sei ein „faules Gremium“, dessen Illegalität sogar das Europaparlament vergangenes Jahr hervorgehoben habe. Griechenland werde nicht mehr mit der Troika zusammenarbeiten. Das griechische Volk habe mit dem Wahlausgang klar beschlossen, es sei Schluss mit der Sparpolitik.
Dijsselbloem blieb zunächst noch höflich. Griechenland müsse die Auflagen der Geldgeber erfüllen, entgegnete er. Der Eurogruppen-Chef forderte erwartungsgemäß Kontinuität und Einhaltung der Sparpolitik. Griechenland müsse die noch laufende Kontrollen abschließen. Erst danach könne man sehen, wie es weitergehen solle.
Als Varoufakis aber den Wunsch der neuen Links-Rechts-Regierung für eine internationale Schuldenkonferenz bekräftigte, die einen Schuldenschnitt für Griechenland beschließen sollte, platzte es aus Dijsselbloem förmlich heraus: „Eine internationale Konferenz (zum Thema Griechenland) gibt es, und die heißt Eurogruppe.“ Es wäre schade, wenn die Bemühungen der Griechen in den vergangenen Jahren umsonst gewesen wären.
Die beiden Männer waren am Ende so aufgeladen, dass sie beim Auseinandergehen fast den obligatorischen Handschlag unterließen. Mit hochrotem Kopf gingen sie aus dem Raum. Hier werde hart gepokert, erklärten Analysten in ersten Reaktionen. Dazu brauche es starke Nerven. Von Diplomaten war zu hören, die Lage sei brenzlig und möglicherweise sogar aussichtslos. Griechenland stünden schwierige Zeiten bevor, hieß es. Der Rettungsschirm für Griechenland schließt am 1. März. Danach ist das Land auf sich selbst angewiesen.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hatten sich ähnliche Szenen schon zuvor bei dem Treffen des Gastes aus Brüssel mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras abgespielt. Augenzeugen sagten, Dijsselbloem habe den neuen Regierungschef gefragt, wie es denn mit dem Abschluss des Sparprogramms Griechenlands nun weitergehen solle. „Welches Programm“, habe Tsipras geantwortet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind