Grenzwerte für Autoabgase: Es wird weiterhin stinken
Gutachter kritisieren die geplante Überschreitung von Grenzwerten im neuen EU-Testverfahren. Doch sogar die Grünen sind für 50 Prozent Aufschlag.
Doch allzu abrupte Veränderungen wollen offenbar auch die Grünen der deutschen Automobilindustrie nicht zumuten. Bei den neuen Tests auf der Straße, die die EU ab 2017 vorschreiben will, solle sich die Bundesregierung für einen „Konformitätsfaktor von max. 1,5 einsetzen“, steht im Grünen-Antrag. Übersetzt heißt das: Bei den neuen Messungen auf der Straße dürften die Fahrzeuge die geltenden Grenzwerte um 50 Prozent überschreiten. Dies entspreche den „kurzfristig umsetzbaren Empfehlungen von Wissenschaftlern“, sagte Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn auf Anfrage.
Damit sind die Grünen zwar strenger, als ein Expertengremium der EU vor allem auf deutschen Druck hin in der letzten Woche vorgeschlagen hatte – dort hält man eine Überschreitung um 110 Prozent bis 2021 und anschließend von 50 Prozent für tolerabel. Aber es steht in deutlichem Widerspruch zur Aussage von Jürgen Resch, dem Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Den hatten die Grünen selbst als Sachverständigen für die Anhörung zu ihrem Antrag vorgeschlagen. „Jede Aufweichung von Grenzwerten oder die Erlaubnis für deren dauernde Überschreitung zeugt von Verantwortungslosigkeit und einer Klientelpolitik“, erklärte Resch. In den USA würden vergleichbar strenge Grenzwerte schon längst auf der Straße eingehalten. „Es ist völlig unverständlich, dass Deutschland dagegen kämpft.“ Auch der ADAC kritisierte, dass die Industrie mehr Zeit fordere, um vorhandene Technik einzusetzen.
Ganz anders sah das der Geschäftsführer des Automobilverbands, Ulrich Eichhorn. Schon das Doppelte des Grenzwerts auf der Straße einzuhalten sei eine „scharfe Anforderung“. Das empörte die Linken-Abgeordneten Sabine Leidig, die dafür plädierte, auch bei den neuen Tests keinerlei Überschreitungen zuzulassen. „Grenzwerte müssen auf der Straße eingehalten werden“, erklärte sie. „Sonst sind sie wertlos.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott