Grenzüberschreitender Hundehandel: 200-Euro-Welpen im Kofferraum
Was tun gegen den Handel mit Billig-Hundebabys im Internet? Agrarminister Schmidt will die illegalen Geschäfte nun per Gesetz eindämmen.
BERLIN taz | Der braun-weiße Jack Russel Terrier kostet 200 Euro. Ein Welpe. „Reinrassig!“, steht in der Ebay-Anzeige im Internet. Und: „Wenn Interesse besteht, einfach eine Email schicken!“ Plötzlich ploppt ein Warnhinweis auf: „Schützen Sie sich vor unseriösem Welpenhandel. Unterstützen Sie keine Tierquälerei.“ Im Internet werden immer mehr Welpen gehandelt, und zwar auffällig billig.
Von einem „illegalen Geschäft“, von „Wühltischwelpen“ und von einer „Welpenmafia“ sprechen Tierschützer. Aber nicht nur sie. Am Freitag treten neue Regeln zum Tierschutz in Kraft. Dann braucht jeder, der einen Hund aus dem Ausland verkaufen will, eine Erlaubnis von den zuständigen Landesbehörden.
Christian Schmidt, der zuständige CSU-Bundesagrarminister, meint, damit seien die Kontrollbehörden „besser ausgerüstet“, um „skrupellosen illegalen Welpenhändlern ihr Handwerk zu legen“. Skrupellos? „Ja“, sagt Melitta Töller von Vier Pfoten. Sie kennt das Geschäft gut, die Tierschutzstiftung hat schon mehrfach Rechercheure losgeschickt, nach Polen und Rumänien, in die Slowakei, nach Tschechien und Ungarn.
Sie entdeckten dort „dunkle Lagerhallen“. „Dort werden die Hündinnen in winzigen Verschlägen gehalten.“ Es rieche schon mal nach Kot und Urin, die Hygiene sei mangelhaft, die Tiere seien häufig krank. Ihre einzige Aufgabe sei es, Welpen zu werfen. Diese würden den Müttern schon nach weniger als acht Wochen weggenommen. Dabei müssen sie nach EU-Recht mindestens 12 Wochen alt sein, sollen sie über Landesgrenzen gebracht werden.
Tipps von Bundesagrarministerium und Vier Pfoten: Nicht auf einen Treffpunkt für die Übergabe einlassen, Hund persönlich beim Halter abholen. Nicht aus Mitleid kaufen. Nicht reinfallen auf: „Sonst muss er eingeschläfert werden.“ Keine Welpen kaufen, die jünger als acht Wochen sind. Kostet ein reinrassiges Tier nur 200 Euro, stimmt oft etwas nicht.
Neu im Tierschutzgesetz ab 1. August: Für Betreiber von Hundeschulen wird eine eigene Erlaubnispflicht verankert, sie müssen im Antrag an das Veterinäramt künftig zum Beispiel Angaben zu den Betriebsräumen machen. Ihre Zuverlässigkeit können sie mit einem Führungszeugnis nachweisen, zudem soll darauf geachtet werden, dass ein Fachmann die Biologie der Hunde, Verhalten, Hygiene und Krankheiten kennen.
Käufer bekommen künftig im Zoogeschäft Infozettel, die „wesentliche Bedürfnisse“ des Tieres erklären: angemessene Ernährung und Pflege, verhaltensgerechte Unterbringung und artgemäße Bewegung. Kunden sollten sich nicht scheuen, ein Geschäft zu verlassen, wenn sie sich nicht gut genug beraten fühlen, empfiehlt der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe. Angehende Besitzer sollten vorher prüfen, welches Tier zu ihrem Lebensstil und ihren Bedürfnissen passt. (hg)
Ohne Impfung durch Europa gekarrt
Denn früher könnten sie auch gar nicht gegen Tollwut geimpft werden. Die Hundebabys sind zudem oft nicht richtig geimpft und auch nicht entwurmt, wenn sie durch Europa gekarrt werden. Am Ende werden die Welpen auch mal auf der Autobahnraststätte direkt aus dem Kofferraum übergeben.
Das Geschäft werde immer „professioneller und industrieller“, sagt Töller. Nur ab und an fliegen die illegalen Transporte auf. So stoppte die Polizei vor wenigen Wochen auf der Autobahn bei Marktredwitz in Oberfranken einen rumänischen Transporter mit gut 30 Hunden. Darunter etliche Welpen – mit Milben, Flöhen, Durchfall.
Wie viele Kaufangebote aus dem illegalen Handel stammen, ist jedoch unklar. „Die Dunkelziffer ist vermutlich hoch“, so das Agrarministerium. Die Angebote scheinen verlockend. Wer einen reinrassigen Welpen bei einem hiesigen Züchter kauft, zahlt schon mal 800 Euro. Bei den „Billigwelpen“, warnt Töller, kommen oft Tierarztkosten hinzu.
Und was ändert nun die neue Erlaubnispflicht? Sie sei zu „begrüßen“, meint Töller, an eine große Wirkung glaubt sie allerdings nicht. Der Tierschützerin fehlt eine „EU-weite Registrierungs- und Chippflicht für alle Hunde“ – damit nachvollzogen werden kann, woher ein Tier stammt. Diese gilt bereits in einigen Bundesländern. Zu mehr konnte sich die Bundesregierung jedoch nicht durchringen: „Fälschung“ sei denkbar, der bürokratische Aufwand zu hoch: Jeder der rund fünf Millionen privat gehaltenen Hunde in Deutschland müsse dann registriert werden.
Die Opposition verfolgt eine andere Idee. Die Grüne Bärbel Höhn fordert „polizeiliche Testkäufer“, die die Täter stellen. Allerdings müssten diese dazu die vielen Kleinanzeigen durchforsten, „was aber sehr arbeitsintensiv ist“. Darum, sagt Höhn, wäre „die Unterstützung engagierter Bürger hilfreich“. Die Behörden werden kaum mit mehr Personal ausgestattet werden. Das Agrarministerium in Nordrhein-Westfalen geht tatsächlich davon aus, dass es bei „Autobahn- und Routinekontrollen der Polizei“ bleibt – und bei „Zufallsfunden“.
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