Grenzkontrolle in Bayern: Schleuser, Drogen, Schutzsuchende
Seit mehr als zwei Jahren kontrolliert die Polizei die bayerische Grenze und greift Zehntausende Flüchtlinge auf. Das soll so bleiben, meint die CSU.
Kontrollen wie diese am oberbayerischen Grenzübergang Kiefersfelden – auf der anderen Seite liegt das österreichische Kufstein, dann kommt Innsbruck und die Brennerautobahn – gibt es jeden Tag tausendfach. Das Schengenabkommen über offene EU-Grenzen gilt seit mehr als zwei Jahren nicht mehr, es wurde wegen des Flüchtlingsandrangs ausgesetzt.
Und geht es nach der CSU, dann bleibt das so. In einem Entwurf für die heute beginnende Klausurtagung der christsozialen Bundestagsgruppe in Kloster Seeon heißt es, die EU-Kommission müsse belegen, dass die Außengrenzen der Gemeinschaft sicher seien. „Ist das nicht der Fall, müssen nationale Grenzkontrollen ohne weitere Begründung möglich sein.“ Damit und mit jeder Menge anderen scharfen Forderungen zum Umgang mit Flüchtlingen rüstet die Partei auf.
An der A 93 bei Kiefersfelden greift die Bundespolizei weiterhin viele Migranten auf. Die Autobahn ist ein Hotspot, ebenso wie die von Salzburg kommende A 8 bei Bad Reichenhall, wo im Herbst 2015 das Ende der Balkanroute lag. Doch es werden deutlich weniger. Im Jahr 2016 registrierte die Bundespolizei knapp 70.000 „unerlaubte Einreisen“ nach Bayern, in den ersten elf Monaten 2017 waren es 16.000. „Klar, jeder Fall ist ein Einzelschicksal“, sagt Rainer Scharf, Pressesprecher der zuständigen Bundespolizei Rosenheim. Doch die Aufgabe ist eindeutig: „Wir sorgen für Sicherheit und verhindern Schleusungen sowie die illegale Einreise.“
Man darf sich die Grenzkontrollen nicht so vorstellen, dass jeder seinen Pass zeigt und eine Schranke nach oben geht. „Da hätten wir Dauerstau bis nach Italien“, meint Scharf. Auch jetzt verärgern Wartezeiten von bis zu einer Stunde viele Autofahrer. Die allermeisten Pkw und Lkw werden in Kiefersfelden und anderswo schnell und anstandslos durchgewinkt. An den vielen kleinen Grenzübergängen gibt es nur ab und zu mobile Kontrollen.
Selektive Kontrollen
In Kiefersfelden wird an den zwei Spuren von den Polizisten eine „Vorauswahl“ getroffen, so der Sprecher. „Der Klassiker eines Schleuserfahrzeugs“ sei ein altes geräumiges Auto mit italienischem oder osteuropäischem Nummernschild. Und mit vielen dunkelhäutigen Menschen darin. Die werden überprüft, das weiße deutsche Ehepaar im SUV hingegen fährt ungehindert durch.
An diesem Tag greift die Polizei einen syrischen Asylbewerber aus Österreich auf. Der will durch Deutschland nach Wien fahren – der schnellste Weg –, hat aber nach eigener Aussage seine Papiere vergessen. Die Polizisten leiten das Auto zurück nach Kufstein. Ein Ehepaar aus Regensburg hat keinen Kindersitz für das Baby, es ist auf dem Schoß der Mutter platziert. Das gibt 60 Euro Bußgeld. Und das Paar darf nicht weiterfahren, muss erst irgendwo einen Kindersitz auftreiben. Kurz zuvor wurde ein irakischstämmiger Mann entdeckt mit einem echten französischen Pass, der aber nicht der seine ist.
Sechzig Prozent der Flüchtlinge beantragen an der Grenze Schutz und Asyl. Sie werden nach Rosenheim zur Registrierung gebracht und durchlaufen dann ein normales Asylverfahren. Die anderen 40 Prozent verzichten darauf. „Einer hat auch mal gesagt, dass er gekommen ist, um in Deutschland Fußball zu spielen“, erinnert sich Rainer Scharf.
Auf ziemlich alles Erdenkliche stößt die Polizei: An der Spitze rangieren Drogen, fündig wird sie auch bei illegalen Waffen, gesuchten Straftätern oder Leuten am Steuer, die keinen Führerschein besitzen. Das alte Jahr endete in Kiefersfelden mit einer versuchten Schleusung an Silvester – im Auto eines Pakistaners wurden vier Landsleute ohne Papiere aufgegriffen. Der mutmaßliche Schleuser erhielt eine Anzeige, die vier anderen wurden nach Österreich zurückgebracht. An Neujahr griff die Polizei in einem Bus zwei Frauen aus Eritrea auf samt Begleiter.
Lebensgefährlich ist der Versuch, per Güterzug nach Bayern zu kommen: Die Flüchtlinge kauern zwischen den Waggons direkt über den Schienen, schlitzen die Dächer auf und klettern hinein oder sitzen oben. 890 solcher Fälle wurden 2017 registriert. Im Juni vergangenen Jahres fiel ein Schwarzafrikaner in Tattenhausen bei Rosenheim vom Zug und wurde überrollt. „18 bis 22 Jahre alt“, berichtete die Polizei. So endete sein Leben. „Die Identität des Toten ist ungeklärt.“
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