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Grandmother Film Festival Berlin„Sie wird nicht für immer da sein“

Am Freitag beginnt ein Filmfestival, dass sich allein den Großmüttern widmet. Organisiert hat es die Künstlerin Sophia Tabatadze.

Vom 15. bis zum 17.12.2017 findet das Grandmother Film Festival in Berlin statt. Hier ein Szenenbild aus dem Film „Broken Branches“ Foto: Ayala Sharot
Interview von Raphael Piotrowski

taz: Frau Tabatadze, ab Freitag veranstalten Sie ein Filmfestival ganz im Zeichen der Großmutter. Wie kam es dazu?

Sophia Tabatadze: Vor einigen Jahren erwähnten einige Freunde, dass sie Filme über Großmütter produzieren. Damals begann ich mich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen und bemerkte, dass es ein Phänomen meiner Altersgruppe ist. Denn ist man wie ich um die 40 Jahre alt, so ist dies der richtige Zeitpunkt, um einen Film über seine Großmutter zu machen. Andernfalls könnte es zu spät sein. Man merkt, sie wird nicht für immer da sein.

Wie ging es dann weiter?

Ich begann also, Filme zum Thema zu sammeln, die Idee wuchs in meinem Kopf. Letztendlich entschloss ich mich, sie umzusetzen. Letztes Jahr fand dann das erste Grandmother Film Festival in Rotterdam statt. Dieses Jahr sind wir nun in Berlin, worüber ich mich sehr freue.

Hatten Sie denn selbst ein gutes Verhältnis zu Ihren Großmüttern?

Nein. Und das war ein weiterer Grund, weshalb mich das Thema interessierte. Ich glaube, Großmütter können ihren Enkeln sehr viel Kraft und Wärme geben. Meine konnten es jedoch nicht. Die Organisation des Festivals wurde so für mich auch zu einer persönlichen Suche nach der „guten Großmutter“ – mit überraschendem Ergebnis. Ich erwartete also gutmütige und warmherzige Omas, aber es gibt auch wirklich verrückte, die ganze Familienstrukturen negativ beeinflussen. Durch meine Suche stieß ich auf sehr verschiedene Typen von Großmüttern.

Gibt es eine spezifische Rolle, die Großmütter in der Familie haben?

„Ich denke, unser Umgang mit alten Menschen ist oftmals von einer großen Unsicherheit geprägt.“

Großmütter sind in einer interessanten Situation: Sie müssen nicht sehr streng oder erziehend auftreten, ihr Verhältnis zu den Enkeln kann verspielter sein, ist unbelasteter. Für ein Kind kann dies sehr wichtig sein, etwa um der strikten, alltäglichen Erziehung der Eltern zu entfliehen. So stelle ich mir zumindest die Rolle einer guten Oma vor.

Im Interview2Inews: 

Im Interview:

Sophia Tabatadze

Sie wurde 1977 in Georgien geboren, studierte Kunst an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam. Seit 2008 lebt und arbeitet sie in Berlin. Neben dem Sammeln von Filmen über Omas verfolgt sie auch noch eigene künstlerische Projekte.

Welche weiteren Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Beim Durchstöbern der Filme realisierte ich, dass das Dasein als Großmutter eine große Zeitspanne umfasst. Mir scheint, als sei uns oftmals unklar, was mit alten Menschen in dieser Zeit alles geschieht. Interessieren sie uns wirklich, auch wenn wir selbst noch nicht ein solches Alter erreicht haben? Ich denke, unser Umgang mit alten Menschen ist oftmals von einer großen Unsicherheit geprägt.

Viele der auf dem Festival gezeigten Filme behandeln das Thema Tod. Warum?

Das könnte ein Generationending sein. Wenn eine Großmutter stirbt, geht dies mit gewissen Veränderungen vonstatten. Dies bewegt viele der FilmemacherInnen. Aber es gibt auch noch einen anderen Aspekt: die Generation dazwischen, das Verhältnis zwischen den Müttern und ihren Müttern. Wenn deine Mutter plötzlich mit der Pflege ihrer Mutter beschäftigt ist, realisierst du, dass auch du mal in diese Rolle schlüpfen wirst. Im Kern geht es darum, wie wir alt werden, wie wir uns dies wünschen und ob wir uns darauf vorbereiten können.

Was wünschen Sie sich im Alter?

In familiärer Atmosphäre alt werden zu können wäre schön. Oder, dass die Kinder auf dich achtgeben, du ihnen aber auch nicht zur Last fällst. Aber ich glaube, dass wünscht sich jeder tief in seinem Herzen. Ich würde mir auch wünschen, dass ein jeder im Alter selbstbestimmt und glücklich leben kann. Ich habe so viele alte Menschen erlebt, die noch immer genau das machen, wonach ihnen ist, und dabei noch viel Lebensfreude versprühen. Dabei geht es weniger um Weltreisen oder Ähnliches, sondern um eine persönliche Stärke, die sich oft erst im Alter entwickelt. Was ich mir wünsche, ist, dass Großmütter dies in einer offenen Art und Weise an die nächsten Generationen weitergeben.

Und was ist mit den Opas?

Ich glaube die werden tatsächlich etwas diskriminiert von mir. Manche Filme zeigen zwar Pärchen, also auch Großväter, aber mein grundsätzlicher Fokus liegt auf den Großmüttern. Großväter treten in den ausgewählten Filmen darum nur am Rande neben starken Großmüttern auf.

Im Interview2Inews: Festivalprogramm

Festivalprogramm:

Grandmother Film Festival Vom 15. bis zum 17. 12. 2017 werden im Jugend Museum Schöneberg und im Kinosaal des Rathauses Schöneberg insgesamt 21 Filme gezeigt. Freitag ab 16.30 Uhr läuft der Eröffnungsfilm „Abschied von Oma“ von Sabine Jainski. Samstag und Sonntag werden jeweils ab 14 Uhr verschiedenste Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme gezeigt. Weitere Programminfos gibt es unter grandmotherfilmfestival.com.

Begleitprogramm Im Jugend Museum werden zusätzlich Bilder der georgischen Fotografin Nino Purtskhvanidze ausgestellt. Nachdem sie aus Georgien in die Niederlande zog, begann sie dort alte Menschen im öffentlichen Raum zu porträtieren. (rp)

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