Gottschalks ZDF-Casting-Show: Och nö!
Das ZDF wird einfach nie das Erste sein: Die Castingshow "Musical-Showstar 2008" will besser sein als Dieter Bohlen - und scheitert genau daran.
Am Montag startet im ZDF eine neue Show. Mit Thomas Gottschalk. Darin werden Musicaldarsteller gecastet. Das wars auch schon. Mehr passiert da nicht.
Das ZDF hat es sich also mal wieder schön bequem gemacht und sowohl bei der Wahl des Formats als auch bei der des Moderators ein Risiko gescheut. Das ist die gleiche Strategie, mit der die Mainzer bereits "Die deutsche Stimme 2003" versenkt haben, einen zu Recht in Vergessenheit geratenen Klon von "Deutschland sucht den Superstar". Der Rentnersender wollte sich verjüngen und beauftragte Ralph Siegel damit, dem Sieger Eddie Leo Schruff einen Hit zu schreiben. Das ist das ganze ZDF-Elend in einem Satz.
Der erhoffte Erfolg bei den Jüngeren wird aller Voraussicht nach auch mit "Musical-Showstar 2008" ausbleiben. Neben dem zu onkeligen Moderator ist die politische Korrektheit der Senderverantwortlichen die größte Hypothek der Sendung. "Was mich und viele andere an Casting-Shows nervt, ist die Tatsache, dass dort Leute vorgeführt werden, die man eigentlich vor sich selbst in Schutz nehmen sollte", sagte Gottschalk dem Spiegel. "Solche Zurschaustellungen wird es beim ZDF und mir nicht geben."
Doch man muss Dieter Bohlens Schmähungen bei "DSDS" nicht mögen, um zu begreifen, dass sie maßgeblich zum Erfolg der Sendung beitragen, die derzeit in der fünften Staffel läuft. Länger gehalten hat sich nur die RTL2/ProSieben-Castingshow "Popstars" (sechs Staffeln), die ihre Kandidaten von Tanztyrann Detlef "D!" Soost schleifen lässt.
Wie die Sat.1-Konkurrenz "Ich Tarzan, du Jane" hängt auch die Musical-Castingshow des ZDF der romantischen Vorstellung nach, den Zuschauer mit Talent vor der Glotze festnageln zu können. Diesen Weg zurück in der Geschichte eines Formats haben Bohlen und Soost allerdings verbaut. Sie haben ihr Publikum gelehrt, dass Unvermögen mindestens so faszinierend ist wie Können - und lustiger obendrein.
Dass auch das ZDF das eigentlich wissen dürfte, darauf deuten die Ausschnitte hin, die am Samstag bei "Wetten, dass ?" liefen. Gezeigt wurde, wie Kandidaten, deren Talent sich in Grenzen hält, mit Begründungen wie "Wir möchten nicht, dass du dich blamierst, darum scheidest du hier aus" von der Jury aussortiert werden. Interessantes Vorhaben, eine Blamage der Kandidaten zu verhindern, indem man sie bei "Wetten, dass ?" vorführt.
Das ist natürlich noch weit weg von den Methoden des Dieter "Du wirst dein ganzes Leben lang ein scheißerfolgloser Friseur sein" Bohlen. Und dass das ZDF die nicht übernimmt, ehrt den Sender. Dass er stattdessen eine entschärfte Version ins Programm hebt, ist allerdings die falsche Konsequenz. Die richtige wäre: endlich mal eine neue, eigene Idee - vielleicht sogar mit einem anderen Moderator? Nur so als Anregung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?