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ofusaidoGott spielt mit

Berliner TV-WM

Interessiert sich Gott für Fußball? Klar. „Gott ist den Menschen nah. Und Fußball ist für viele Menschen die schönste Nebensache der Welt, also ist auch Gott bei den WM-Spielen dabei“, predigte Hans-Georg Filker am Sonntagabend in der Gedächtniskirche. Der Pfarrer der Stadtmission sandte beim Fußball-Gottesdienst jedoch auch warnende Rufe in die etwas lichten Sitzreihen: So schön der Kult ums Golden Goal auch sei, vergöttert werden dürften das Spiel und seine Stars auf keinen Fall.

Dass die Heilige Dreifaltigkeit immer noch aus Vater, Sohn und Heiligem Geist und nicht aus Abwehr, Mittelfeld und Sturm besteht, versuchten die Mitglieder der Stadtmission möglichst populär zu vermitteln. Filker marschierte als Schiri gekleidet in die Kirche, seine Helfer im Schlepptau trugen schwarzrote Trikots. Direkt unterm Kreuz wurde ein Ball platziert.

Dann ging es ans Eingemachte. Was soll das Gerede der Medien über den angeblichen Fußballgott? Da stößt die christliche Toleranz nämlich an ihre Grenzen. Genau wie „Kultur, Familie, Reisen, Essen und Sex“ gehöre Fußball zum Leben des Menschen, und da ist Gott natürlich mitten unter ihnen, wusste der Pfarrer zu berichten. Aber alles, bitte schön, in gemäßigten Bahnen. Denn zunächst vergötterte Spieler würden bald zur Strecke gebracht, vom Sockel gestoßen. „Dann doch lieber gleich das Original: Christus.“ Eine Straßenumfrage der Stadtmission habe gezeigt, dass viele Menschen den Starkult ähnlich kritisch sehen.

Doch selbst im Gotteshaus gab es fast echten Stadionkurvenkult, inbrünstig von der Gemeinde intoniert. Nur hieß es statt des sakulären „Go West“ der Pet Shop Boys leicht umgedichtet: „Hab Dank von Herzen, Herr“. Authentisch wie richtige Fans standen die Kirchgänger beim Singen.

Eine Liveschaltung – wie im Sportstudio! – gab es auch. Dirk Heinen, Torwart der Frankfurter Eintracht, plauderte über seinen Weg zum Glauben und wie sehr ihn Dynamik und Teamgeist beim Fußball faszinieren. Überhaupt sind, mehr als normalerweise wahrgenommen wird, viele Spieler auch bekennende Christen. In der Bundesliga etwa Gerald Asamoah (Schalke), Paulo Sérgio (Bayern) oder Zé Roberto (Bayer). Pfarrer Filker outete sich aber als Fan des US-Teams. Denn einige Boys reißen zum Torjubel à la Jancker das Trikot vom Leib, darunter tragen sie Glaubensbekenntnisse. Da freut sich Gott auf der Tribüne. TOF

Ofusaido heißt auf Japanisch Abseits

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