piwik no script img

Globale KlimafinanzierungBeitrag schöngerechnet

Erst 2022 haben Industriestaaten das Ziel von 100 Milliarden Dollar Klimafinanzierung erreicht. Ein Großteil davon sind Kredite, kritisiert Oxfam.

Versinkende Inseln im indischen Westbengalen Foto: Pacific Press Agency/imago

Berlin taz | 100 Milliarden US-Dollar sollten Industriestaaten jährlich ärmeren Ländern für Klimaschutz und Anpassung zu Verfügung stellen. So beschloss es die UN-Staatengemeinschaft vor 15 Jahren auf der Klimakonferenz in Kopenhagen. Zahlungsbeginn: 2020. Erst im dritten Jahr, also 2022 sei das Ziel mit insgesamt 115,9 Milliarden US-Dollar erreicht worden. Das meldete die Organisation der Industriestaaten OECD Ende Mai.

Mit diesen Zahlen zeichneten die Geldgeber ein „übertrieben rosiges Bild“, kritisiert die Entwicklungsorganisation Oxfam. Denn fast 70 Prozent der Gelder aus öffentlichen Mitteln sind Kredite an ärmere Länder – sie müssen also zurückgezahlt werden. Teils gelten sogar marktübliche Konditionen für die Verzinsung.

In einer eigenen Analyse der OECD-Zahlen hat Oxfam nur Mittel gezählt, die Zuschüsse sind, also etwa dazu beitragen, dass die Empfängerländer günstigere Zinsen erhalten. Oxfam hat außerdem eine eigene Gewichtung der gelisteten Projekte vorgenommen.

Die Organisation argumentiert, dass die Wirkung auf Klimaschutz in der Selbstauskunft der Staaten häufig zu hoch angesetzt sei. Nach diesen Berechnungen hätten laut Oxfam die Geberländer 2022 nur 28 bis 35 Milliarden eigene Mittel zur Verfügung gestellt.

Das 100-Milliarden-Dollar-Ziel läuft 2025 aus

Falsch sind die Zahlen der OECD nicht, sie entsprechen den vereinbarten Regelungen. Es wird aber schon länger diskutiert, ob diese sinnvoll sind. „Die Tatsache, dass die Industrie­länder ihre Unterstützung vor allem über Kredite bereitstellen, widerspricht allen Prinzipien der Gerechtigkeit“, sagt Jan Kowalzig, Referent für Klimapolitik bei Oxfam. Die Kredite würden außerdem die Schuldenlast verschärfen.

Seit Jahrzehnten fordern Länder mit geringem Einkommen eine stärkere finanzielle Beteiligung der Industriestaaten an der größtenteils von ihnen ausgelösten Klimakrise. Länder, die am wenigsten beigetragen haben, sind oft am häufigsten und stärksten betroffen – und haben die geringsten Mittel, sich darauf vorzubereiten.

Das Thema wird auch auf der Klimakonferenz im November in Baku, Aserbaidschan, zentral sein. Dort müssen sich die Staaten auf eine neue Zahl einigen. Das 100-Milliarden-Dollar-Ziel läuft 2025 aus. Ex­per­t*in­nen gehen davon aus, dass der Globale Süden jährlich Billionen von Dollar für Investitionen in Klimaschutz, Anpassung und Bewältigung der Folgen vom Klimawandel benötigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wo kommt denn unser Beitrag her, bei über zwei Billionen Euro Staatsschulden? Wird mit Krediten finanziert.

    • @Wonneproppen:

      Kredite mit deutlich besseren Zinskonditionen.

      Und es wäre genug Geld da, wenn internationale Konzerne die gleiche Steuerlast hätten wie nationale.

  • Schönrechnen muss man nur etwas Hässliches.



    Schönrechnen fällt für mich unter Mogeln und Schummeln, als Verfechter klarer Sprache nenne ich es Lügen und Betrügen.