Gleichstellung in Redaktionen: Frauen bei „Focus“ machtlos
In Deutschland gibt es nur ein Leitmedium, bei dem die Frauen den Männern gleichgestellt sind. Das geht aus der Erhebung eines Vereins hervor.
Der erste Schritt zur Veränderung ist Aufklärung. Und was Vielfalt in Medienhäusern angeht, gibt es noch viel zu verbessern. Was die Diversity-Befunde im Medienbereich angeht, hat Pro Quote Medien jetzt einen weiteren hinzugefügt. Der Verein hat Dienstag eine Analyse vorgestellt, nach der das Magazin Stern das einzige unter den deutschen Leitmedien ist, in dem Frauen mindestens so viel Verantwortung tragen wie Männer. Die taz wurde nicht als Leitmedium mitgezählt.
Grundlage ist die Berechnung des „Frauenmachtanteils“, den Pro Quote Medien traditionell erhebt. Führungspositionen, die mit Frauen besetzt sind, ergeben Punkte, je höher in der Hierarchie, desto mehr. So will der Verein sicherstellen, dass nicht nur der nominale Frauenanteil, sondern der tatsächliche Machtanteil gemessen wird.
Der Stern kommt dieses Jahr auf einen Frauenmachtanteil von 52 Prozent, es folgen der Spiegel mit 40, die Zeit mit 35,8 Prozent und die Süddeutsche mit 34,8. Die Springer-Medien Bild und Welt, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Focus kommen dagegen nicht über einen „Frauenmachtanteil“ von 25 Prozent hinaus, Focus liegt sogar nur bei 15,2 Prozent.
Die Gleichstellungsinitiative pro Quote fordert, dass die Hälfte redaktioneller Verantwortung in den Händen von Frauen liegen soll und zählt seit 2012 Impressen durch, dieses Jahr zum ersten Mal jene von Print- und Onlinemedien. Auch die Frage nach dem Migrationshintergrund beschäftigt die Branche: Im Mai haben die Neuen Deutschen Medienmacher*innen festgestellt, dass nur sechs Prozent der 126 befragten Chefredakteur*innen der reichweitenstärksten deutschen Medien einen Migrationshintergrund haben.
Es wird mehr gezählt
In den USA hat die Washington Post vergangene Woche zum ersten Mal einen Gleichstellungsbericht veröffentlicht, der von nun an jährlich erscheinen soll. Dieser enthält Zahlen über das Geschlechterverhältnis und ethnicity der Belegschaft und Führungspositionen, differenziert nach Redaktion und Verlag und liefert Fünfjahrestrends.
Der Anteil der Männer im Gesamtbetrieb überwiegt den der Frauen mit 57,1 zu 42,6 Prozent, wobei dieser Anteil ziemlich genau auch der Verteilung der Führungspositionen entspricht. Dagegen liegt der Anteil von Weißen in Führungspositionen bei 67,7 Prozent und somit um knapp zehn Prozent höher als der Anteil von Weißen in der Gesamtbelegschaft. Ein blinder Fleck bei allen diesen Untersuchungen bleibt bisher die Frage der sozialen Herkunft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten