Gleiche Bezahlung in der Kommunalpolitik: Erfreulich unspektakuläres Urteil
Eine Bürgermeisterin bekommt Schadenersatz, weil sie weniger Geld bekam als ihr Vorgänger und ihr Nachfolger. Die Diskriminierung ist hier ganz eindeutig.
D ie schlechte Nachricht: Selbst in kommunalen Führungspositionen werden Frauen diskriminiert. Die gute Nachricht: Auch Frauen in kommunalen Führungspositionen haben Anspruch auf Schadenersatz, wenn sie diskriminiert werden.
Zum ersten Mal hat dies nun das Verwaltungsgericht Freiburg in einem erfreulichen Urteil festgestellt: Die Ex-Bürgermeisterin der Kleinstadt Müllheim in Baden-Württemberg bekommt rund 50.000 Euro Schadenersatz, weil sie acht Jahre lang schlechter eingruppiert war – und damit auch schlechter bezahlt wurde – als ihr Vorgänger und ihr Nachfolger (beide Männer).
Auf den zweiten Blick ist das Urteil nicht sehr ungewöhnlich. Auch wenn eine Bürgermeisterin durch Wahl ins Amt kommt, so ist sie doch Beamtin auf Zeit und damit durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor Diskriminierung geschützt. Besonders ist an diesem Fall vor allem, dass sich die Frau hier nicht mit parallel beschäftigten Männern verglich, sondern mit dem Vorgänger und dem Nachfolger. Es ging hier also nicht um die oft umstrittene Frage, ob die Arbeit der Männer wirklich gleichwertig ist. Vielmehr machten die Männer in derselben Gemeinde exakt die gleiche Arbeit. Das erleichterte natürlich die Feststellung, dass es hier nach Diskriminierung riecht.
Die Kommune versuchte diese Vermutung zwar mit dem interessanten Argument zu widerlegen, dass die Gründe für die Benachteiligung der Bürgermeisterin zwar rechtswidrig, aber nicht frauenfeindlich waren. Damit kam sie aber zu Recht nicht durch, weil die offizielle Eingruppierung der Bürgermeisterin gar nicht begründet wurde und die Kommune daher nichts beweisen konnte.
Leider musste das Gericht deshalb nichts mehr zu der ebenso interessanten These der Ex-Bürgermeisterin sagen, es sei doch bekannt, dass gerade bei Frauen absurde und rechtswidrige Gründe für deren Benachteiligung angeführt werden. Hätte das Freiburger Verwaltungsgericht so entschieden, wäre das wirklich innovativ gewesen. Nun aber ist das Urteil zwar erfreulich, aber juristisch unspektakulär.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht