Girls' Day an der Uni Rostock: Liebe im Physiklabor

Studierende an der Uni Rostock drehen die erste Wissenschaftsseifenoper. Die soll Mädchen für Naturwissenschaften begeistern.

WissenschaftlerInnen hocken nicht nur im Labor. Manchmal knutschen sie auch. Bild: AP

ROSTOCK taz |Sieben Mädchen werden heute ins Physiklabor der Universität Rostock gehen, um dort mit Wind und Strom zu experimentieren. Es ist wieder Girls’Day: An diesem Tag im April versuchen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Handwerksbetriebe seit 13 Jahren überall in der Republik, Mädchen technische und naturwissenschaftliche Berufe schmackhaft zu machen. Jungen sollen beim Boys’Day, Pendant zum Girls’Day, für Pflege- und Erzieherberufe begeistert werden.

Im Rostocker Physiklabor werden die Schülerinnen aber auch einen kleinen Film sehen. Besser gesagt den Trailer zu einer Serie, die in den nächsten Wochen in Rostock gedreht wird. Darin wird es um Liebe, Sex und Herzschmerz gehen – und um Mathematik, Chemie und Physik. Das Ganze heißt „Sturm des Wissens“ und ist die bundesweit erste Science Opera.

Angelehnt an die Soap „Sturm der Liebe“, die in der ARD läuft, verbindet die Wissenschaftsseifenoper das Genre Herzschmerzmärchen mit dem Wissenschaftsbetrieb. Ziel: Junge Frauen sollen erleben, dass Mathematik nicht nur mit Zahlen zu tun hat und Chemie nicht nur im Erlenmeyerkolben stattfindet. Gefilmt wird an realen Orten: in Labors, Instituten, Hörsälen. „Es gibt kein Studio und keine Kulisse“, sagt Judith Platz, Koordinatorin des Projekts und an der Rostocker Uni zuständig für lebenslanges Lernen.

Küsse unterm Mikroskop

Die Darsteller werden allerdings anonymisiert, die Science Opera will nicht das „Dschungelcamp“ sein. Judith Platz sagt: „Die Protagonisten werden oft, aber nicht nur vor dem Mikroskop hocken.“ Dabei werden sie über wissenschaftliche Befunde reden, aber auch über Affären und Sex.

Wie kommt es dazu in einer Branche, in der ein Geschlecht – das mänliche – dominiert? „Sie werden sich wundern, wie viele Pärchen es an der Uni gibt“, sagt Elizabeth Prommer: „Auch in den naturwissenschaftlichen Zweigen.“ Die Medienprofessorin weiß, wovon sie spricht: Als Studentin hat sie sich in ihren Dozenten verliebt und ihn später geheiratet. Heute ist sie Direktorin des Instituts für Medienwissenschaft in Rostock und berät die Science Soap, die von mehreren Rostocker Hochschuleinrichtungen produziert wird, in Medienfragen.

Beim „Sturm des Wissens“ machen die Studierenden alles selbst – angefangen bei der Recherche über das Schreiben des Skripts und der Musik bis hin zum Spiel. Das Geschlechterverhältnis der Mitwirkenden ist – anders als in manchen Studienfächern – ausgewogen. Bei den Ingenieurwissenschaften beispielsweise sind nur 20 Prozent der AbsolventInnen Frauen.

Später im Berufsleben ist die Kluft zwischen Frauen und Männern noch größer: Nur 10 Prozent der IngenieurInnen sind weiblich. Elizabeth Prommer nennt das „eine genderspezifische Studienauswahl“: Mädchen wollen nach wie vor Kulturwissenschaften, Germanistik, Sozialpädagogik studieren, Jungen schreiben sich für Technik, Wirtschaft und Finanzen ein.

Mit Castingsshows an die Mädchen ran

Das will die Wissenschaftssoap ändern. Aber warum ausgerechnet mit einem Genre, das als kitschig und weltfern verschrien ist? Ganz einfach, sagt Elizabeth Prommer: „Mädchen und junge Frauen schauen überproportional Castingshows und Seifenopern.“ Wenn das Frauenbild in der Wissenschaftssoap positiv sei, fördere das das weibliche Selbstverständnis und wecke das Interesse an Technik, glaubt sie.

Ausgestrahlt werden sollen die voraussichtlich fünf Folgen à zehn Minuten im Herbst 2013 zum Beginn des Herbstsemesters auf dem regionalen Fernsehsender MV1 und auf verschiedenen Videokanälen. Auf Youtube sollen die Staffeln ebenfalls zu sehen sein. Und auf www.sturm-des-wissens.de.

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