Gipfel ohne Annäherung: Cameron allein in Berlin
Beim Treffen von Kanzlerin Merkel mit dem britischen Premierminister Cameron kam es nicht zu einer einzigen Einigung. Die Briten fühlen sich ausgegrenzt.
BERLIN taz | Die Stimmung war bereits im Vorfeld aufgeheizt. Noch bevor sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem Amtskollegen David Cameron aus Großbritannien traf, wetterte noch einmal Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegen die störrische Haltung der Briten in Sachen Finanztransaktionssteuer. Es gebe überall für alle Güter und Dienstleistungen eine Umsatzsteuer, sagte Schäuble. Nur Finanzdienstleistungen seien davon ausgenommen. "Und ich kann nicht erkennen, warum das so sein soll."
Der Kurzbesuch des Premiers am Freitag in Berlin konnte nur wenig daran ändern, dass es bei den deutsch-britischen Beziehungen an allen Ecken und Enden knirscht. Keine der Differenzen konnte ausgeräumt werden. Berlin setzt auf die Finanztransaktionssteuer, um die Spekulanten auf den Finanzmärkten zu bändigen. London mit seinem großen Finanzplatz, der fast ein Drittel der britischen Wirtschaftsleistung ausmacht, lehnt eine solche Abgabe strikt ab.
Der britische Premier wiederholte seine Kritik, dass Deutschland bei dem Versuch der Bewältigung der Schuldenkrise blockiere und die Europäische Zentralbank (EZB) nun für eine Beruhigung sorgen müsse. Merkel lehnt weiterhin ab, dass die Notenbank unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenländer aufkauft.
Und auch beim möglichen Ausbau der Kompetenzen der europäischen Behörden bleiben sie uneins. Angesichts der Schuldenkrise brauche es "mehr Durchsetzungsmöglichkeiten für die europäischen Institutionen", forderte Merkel. Cameron lehnt das ab. Daraufhin schlug Merkel eine Veränderung der Verträge nur für die Länder der Eurozone vor, der die Briten nicht angehören. Das wiederum passt Cameron nicht, der ohnehin befürchtet, dass der britische Einfluss in Brüssel sinkt. Cameron gab sich dennoch zuversichtlich, dass unterschiedliche Ansichten "in Einklang gebracht" werden könnten.
Merkel steht keineswegs allein mit der Kritik an Großbritannien. Auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker wetterte gegen den erhobenen Zeigefinger aus London. "Ich bin gegen ein Diktat von denen, die es weniger gut machen als wir", sagte der Luxemburger der Deutschen Welle mit Verweis auf die Haushaltslücke der Briten, die doppelt so groß sei wie die durchschnittliche Lücke in der Eurozone.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach