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Gewinner der Tour de France 2019Jung und auf Erfolgskurs

Egan Bernal, 22, ist der erste Südamerikaner überhaupt und der jüngste Fahrer seit langem, der im Wettbewerb siegt. Es bahnt sich der Beginn einer neuen Ära an.

Egan Bernal bei der Tour de France 2019: Er kündigte bereits die Lust auf weitere Siege an Foto: dpa

Paris taz | Erst 22 Jahre alt ist Egan Bernal. Und er tritt schon auf wie ein Großer. Er gewinnt nicht nur diese Tour de France aus eigenem Verdienst mit seinem Kletterkünsten in den Pyrenäen und den Alpen. Er denkt im Moment des größten sportlichen Triumphs auch an die, die vor ihm waren. „Wir haben in Kolumbien so viele gute Radprofis. Und wir Kolumbianer haben auch diese Tour de France verdient. Wir waren knapp davor mit Nairo und Rigo, doch immer kam etwas dazwischen“, verwies er auf die Landsleute Nairo Quintana und Rigoberto Uran, Tourzweite 2013 und 2015 sowie 2017.

Bernal stellt sich in eine Reihe mit ihnen, und doch überragt er sie um einen Kopf. Nicht nur, weil er die Tour gewonnen hat, sondern weil er sie in so jungen Jahren gewonnen hat. Mit 22 Jahren und 196 Tagen ist er der jüngste Toursieger der Neuzeit. Er ist jünger als Jan Ullrich, der war bei seinem Toursieg schon 23, jünger als Eddy ­Merckx und Alberto Contador (beide 24). In der Rangliste der Grünschnäbel wird er nur von dem Franzosen Henri Cornet (1904, 19 Jahre) und dem Luxemburger François Faber (1909, 22 Jahre und 187 Tage) übertrumpft. Gewöhnlich stellen sich die Ausdauer- und Widerstandsfähigkeiten erst mit den Jahren ein.

Dass Bernal Talent hatte, stellte sein einstiger Trainer Pablo Mazuera schon früh fest. „Er kam mit 12 Jahren in unser Moutainbike-Team. Andere Fahrer hatten uns auf ihn aufmerksam gemacht. Er gewann sofort Rennen, manche mit enormem Abstand auf die Konkurrenz“, erzählte Mazuera in Val Thorens, wo der Coach mit nassen Augen den großen Triumph seines einstigen Schützlings von Nahem erlebte.

Zwei Schlüsselmomente in der Karriere Bernals schildert Mazuera. „Seinen großen internationalen Durchbruch machte er 2014 bei den Moutainbike-WM der Junioren. Dort fuhr er aufs Podium. Ich kann mich noch erinnern, wie er mit Schlamm verschmiertem Gesicht im Auto saß und sagte: ‚Ich kann es einfach nicht fassen‘ “, sagte Ma­zue­ra. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der 17-jährige Bernal nur wenig vom 22-jährigen. Als Bernal in Val Thorens im Gelben Trikot zur Pressekonferenz erschien, erklärte er auch: „Ich kann es noch gar nicht begreifen, was hier geschehen ist.“

„Es ist doch wie eine Droge“

2015 stand Bernal bei der Moutainbike-WM der Junioren wieder auf dem Podium. Ma­zue­ra berichtet: „Wir gingen dann zum Trainingszentrum der UCI in Aigle und machten dort einen Belastungstest. Ich erinnere mich nicht mehr an die genauen Zahlen. Aber die Leute dort sagten mir, dass es die besten Werte waren, die sie jemals in dieser Alterskategorie gemessen hatten.“ Der Coach versuchte, seinen Rohdiamanten dann bei europäischen Mountainbike-Teams unterzubringen. „Sie hatten aber schon alle Plätze besetzt.“ Gianni Savio, italienischer Rennstallbesitzer im Straßenradsport mit einem Gespür für Talente, allerdings in einige Dopingaffären verstrickt, interessierte sich für das Talent.

„Mit dem Team in Italien begann meine Straßenradsportkarriere erst so richtig“, erinnert sich Bernal. Gleich 2016 übernahm Savio Bernal und stattete ihn mit einem Vierjahresvertrag aus. Ein cleverer Zug. Team Sky musste Bernal vor zwei Jahren für so viel Geld aus dem Vertrag herauskaufen, dass Savio den Verlust eines wichtigen Sponsors seines Rennstalls damit kompensieren konnte. Wie viel Geld geflossen ist, wollen weder Savio noch Team Sky, jetzt Team Ineos, verraten.

Die Briten jedenfalls sicherten sich damit das wohl größte Juwel im Straßenradsport. „Er ist das Talent, nach dem alle gesucht haben“, sagt Carsten Jeppesen, Technischer Direktor bei ­Ineos. Die Erfolgsserie des britischen Rennstalls wird sich mit Bernal wohl fortsetzen – und die Luft dünner werden, selbst für andere Toursieger wie Geraint Thomas und Chris Froome.

Bernal kündigte schon einmal die Lust auf weitere Siege an. „Es ist doch wie eine Droge: Hast du die erste Tour gewonnen, willst du die zweite, die dritte, die fünfte.“ Zeit genug dafür hat er.

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2 Kommentare

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  • Sehr tolle Leistung! Ich habe die Tour de France zwar nur teils verfolgt, aber das hat er sich wirklich erkämpft. Ich bin gespannt was die nächsten Jahre vom Radsport wieder zu erwarten ist.

  • Es war eine spannende Tour de France, bei der man als Radsport-Begeisterter nach längerer Zeit mal wieder auf die nächste Etappe gespannt war, v.a. gegen Ende. Von den, wie immer sehr gut eingefangenen Landschaftsaufnahmen ganz zu schweigen.

    Ich bin gespannt, ob die A.S.O. es hinbekommt, bei der Ende August stattfindenden Deutschland-Tour, die sie nun langsam (wieder-)aufbaut, ein wenig von diesem Flair auch hier zu erzeugen.