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Gewerkschaftler über die Lausitz Nur miteinander!

Lars Katzmarek erklärt hier und auf dem taz lab, wie der frühzeitige Kohleausstieg mit Klimabewegung und Gewerkschaften machbar ist.

„Was ist mit uns?“ fragen sich Azubis und Jungfacharbeiter:innen der Lausitz Energie Bergbau AG Foto: dpa

taz lab, 09.04.22 | Interview von SHAYNA BHALLA

taz am wochenende: Sie sind Gewerkschafter, Musiker, LEAG-Betriebsrat, Techniker für Elektrotechnik und kommen aus der Lausitz. Welcher Werdegang führt zu dieser Vielzahl an Themen?

Lars Katzmarek: Meine Eltern waren beide im Bergbau tätig. Nach dem Strukturbruch hat meine Mutter ihren Job verloren, Vati durfte seinen zum Glück behalten. Das ist die Grundlage, meiner Motivation im Verein „Pro Lausitzer Braunkohle“ mich für eine gute und gerechte Transformation, möglichst ohne Brüche, einzusetzen. Anders als in anderen Branchen haben wir im Bergbau einen hohen Grad an gewerkschaftlicher Organisation. Dass man zusammen viel mehr erreicht, das hat mich geprägt. Ich möchte dazu beitragen, die Lausitz lebens- und liebenswert weiter zu gestalten.

Lars Katzmarek im Gespräch

Lars Katzmarek, Techniker, Musiker und LEAG-Betriebsrat, ist Mitglied im „Pro Lausitzer Braunkohle: Pro Lausitz“ e.V. und rappt unter anderem über den Strukturwandel in der Lausitz.

Mit Kohleabbau?

Wir wollen Strukturwandel, wir wollen Energiewende. Wir erkennen den Klimawandel an, und wollen mit aller Macht dagegen ankämpfen. Das heißt, ökologisch verantwortungsbewusst zu arbeiten, aber gleichzeitig auch gut bezahlt zu werden, um der Welt zu zeigen, wie es gehen kann. Ansonsten wird dieses Umdenken in der gesamten Gesellschaft nicht gelingen.

Viele Leute wollen nicht im Büro arbeiten, sie wollen etwas mit den Händen schaffen, Industriearbeit muss es auch hier weiterhin geben. Wir haben hier viel Know-how, wenn es um die Produktion von Energie geht. Dann bauen wir eben Solaranlagen, Wasserwerke oder Gaskraftwerke für den Übergang. Gerade beobachten wir jedoch, dass der Strukturwandel schleppend verläuft. Der Ausbau des Schienenverkehrs zum Beispiel muss da einfach schneller gehen, wenn wir erfolgreich sein wollen.

Also wird das nichts mit dem vorgezogenen Kohleausstieg 2030?

Wenn 2030 eine stabile Stromversorgung aus regenerativen Energien möglich ist, Speichertechnologien ausreichend entwickelt wurden und unsere Jobs sicher sind – also die Energiewende ein wirtschaftlicher und sozialer Erfolg ist, dann gerne. Dem haben wir zugestimmt, genauso wie Fridays for Future und BUND.

Die Umsetzung des schrittweisen Ausstiegs aus der Kohle muss aber gut durchdacht sein. Daher haben wir als die „jungen“ im Verein „Pro Lausitz“ den Dialog mit Vertretern von FfF gestartet. Hier müssen wir gemeinsam wieder ansetzen, um unsere Zukunft zu gestalten.

In der Lausitz wählen 20 bis 25 Prozent die AfD. Erschwert das den Dialog für beide Seiten?

Das ist ein echtes Problem. Es ist allerdings wichtig und machbar, zumindest diejenigen zurückzuholen, die einfach nur frustriert sind. Dazu muss man verstehen, dass nach der Wende hier 80.000 gut bezahlte Industriejobs verloren gegangen sind.

Das hinterlässt Spuren. Auch in den letzten Jahren wurde vonseiten der Politik und Wirtschaft erzählt, wir könnten hier 100 Jahre weiterbuddeln. Wenn wir also nun doch den Prozess der Energiewende gehen, finde ich es wichtig, ihn mitzugestalten, um das Vertrauen wieder zu stärken.

Sind Sie also hoffnungsvoll?

Ich sehe, wie dieses Thema in den gesellschaftlichen Mittelpunkt rückt, genauso wie die Energie- und Klimafragen. Engagierte Leute vor Ort stellen hier Tolles auf die Beine. Wir wachsen zusammen und machen wieder mehr miteinander als gegeneinander.

Und wenn man miteinander Dinge tut, dann kann es eigentlich nur gut werden. Die Corona-Pandemie und auch die aktuell unfassbare Situation in der Ukraine zeigen einmal mehr, dass wir Lösungen im gemeinsamen Dialog suchen müssen. Kompromisse sind der Zusammenhalt einer Gesellschaft und unserer Demokratie.

Beim taz lab:Gebt der Lausitz eine Zukunft“, Leuchtturm, 15 Uhr.