piwik no script img

Gewalttätiger Football-Spieler in den USAEr darf wieder

Gewalttäter Ray Rice darf nach einem Gerichtsurteil wieder auflaufen – wenn ihn denn ein Team verpflichtet. Dumm steht nun vor allem der Ligaverband NFL da.

„Einmaliger Vorfall“: Ray Rice hat seine Frau Janay Palmer bewusstlos geschlagen. Bild: ap

Ray Rice darf wieder in der National Football League spielen. Rein theoretisch jedenfalls. Die unbefristete Sperre des Football-Profis, der seine Verlobte bewusstlos geprügelt hatte, wurde nach einer Anhörung aufgehoben. Rein formal könnte Rice schon kommenden Sonntag wieder auflaufen, müsste dazu aber erst einmal einen Klub finden, der ihn unter Vertrag nehmen möchte.

Der 27-jährige Rice galt als einer der besten Running Backs der NFL, als er und seine damalige Verlobte Janay Palmer im Februar in Atlantic City verhaftet wurden. Der Profi der Baltimore Ravens hatte Palmer nach einem Streit im Aufzug eines Casinos so geschlagen, dass sie das Bewusstsein verlor. Rice wurde angeklagt, das Verfahren später allerdings fallen gelassen, als sich Rice bereit erklärte, eine Therapie zu machen. Die NFL sperrte Rice im Juli wegen Verstoßes gegen ihren Verhaltenskodex für zwei Spiele.

Erst als im September dann das Video einer Überwachungskamera aus dem Aufzug öffentlich wurde, in dem der Vorfall deutlich zu sehen ist, reagierte die Liga ein zweites Mal: Die NFL verhängte eine unbefristete Sperre und die Ravens lösten den Vertrag mit ihrem Starspieler auf, der sein Opfer mittlerweile geheiratet hatte.

Richterin Barbara Jones entschied nun nach einer zweitägigen Anhörung in New York, dass Rice von der NFL für dasselbe Vergehen nicht zwei Mal bestraft werden durfte. In ihrem Urteil kritisiert sie vor allem NFL-Chef Roger Goodell; dessen „disziplinarische Maßnahmen hätten fair und konsequent sein müssen“.

Lächerliche Strafe

Die unbefristete Sperre hatte Goodell unter anderem damit begründet, dass Rice gegenüber der Liga nicht alle Details des Vorfalls offengelegt hatte. Richterin Jones kam nun zu dem Schluss, dass Rice nicht gelogen habe. Goodell wusste sehr wohl oder hätte zumindest wissen können, was in Atlantic City passiert war, und urteilte, so Jones, „willkürlich“.

Schon im Juni musste sich Goodell Kritik gefallen lassen. Viele fanden zwei Spiele Sperre gegen Rice eine lächerliche Strafe angesichts des Vergehens. Der Fall Rice ist nicht der einzige: Mehrere NFL-Profis sind zuletzt wegen häuslicher Gewalt gegen Ehefrauen, Freundinnen und sogar die eigenen Kinder auffällig geworden. Doch die NFL begegnet dem Problem vornehmlich mit Lippenbekenntnissen.

Nun wird die Kritik an Goodell, der zielsicher in alle verfügbaren Fettnäpfchen tritt, Richtlinien nach Gutdünken verändert und nicht eben den Eindruck vermittelt, er sei noch Herr der Lage, immer lauter. Frauenrechtsorganisationen, Sozialverbände und ehemalige NFL-Spieler fordern seinen Rücktritt, das Image der umsatzstärksten Sportliga der Welt leidet.

Die Gerichtsentscheidung ist also vor allem eine Niederlage für die NFL und ihren obersten Funktionär Roger Goodell. Ob sie auch ein Sieg für Ray Rice ist, das allerdings bleibt noch abzuwarten. Denn auch wenn der Running Back nun rein formal wieder in der NFL spielen darf, muss er erst einmal einen Klub finden, der sich nicht nur die unausbleibliche Medienhysterie, sondern auch den Imageverlust antun möchte.

Läuterung des Sünders

Rice und seine Berater arbeiten aber bereits vehement an der öffentlichen Läuterung des Sünders. In einem Statement, das er nach dem für ihn positiven Urteil herausgab, verspricht Rice, dass er „weiterhin hart daran arbeiten werde, ein besserer Ehemann, Vater und Freund zu werden, sich gesellschaftlich zu engagieren und anderen dabei zu helfen, von meinen Fehlern zu lernen“.

Auch Janay Rice wirbt in einem ausführlichen Interview für die Website des Sport-TV-Senders ESPN dafür, ihrem Ehemann eine zweite Chance zu geben, und versichert, die Prügel von Atlantic City seien nur ein einmaliger Vorfall in ihrer siebenjährigen Beziehung gewesen. Nun muss sich bloß noch ein Team finden, das einen guten Running Back mit einem zweifelhaften Vorleben gebrauchen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!