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Gewalt in MosambikLynchjustiz nach polizeilichem Todesschuss

Ein neuer Gewaltvorfall in Mosambik belastet die politische Befriedung des Landes. Oppositionsführer Mondlane fordert Aufklärung.

Oppositionsführer Venancio Mondlane spricht mit den Medien in Maputo, Mosambik, am 22. Juli 2025 Foto: Luisa Nhantumbo/epa

Maputo taz | Ein neuer Fall von Polizeibrutalität in Mosambik gefährdet den fragilen Frieden in dem Land, das sich gerade erst von der monatelangen politischen Krise im Zusammenhang mit den umstrittenen Wahlen von 2024 erholt.

Im Ort Bolobe im Süden von Mosambik wird einem Polizisten vorgeworfen, einen Jugendlichen bei einer Verkehrskontrolle erschossen zu haben. Der Polizist fiel dann der Selbstjustiz einer wütenden Menschenmenge zum Opfer.

Ein Minibus mit südafrikanischem Kennzeichen sollte bei einem Checkpoint anhalten und sich kontrollieren lassen, aber der Fahrer ignorierte die Anweisung und drückte aufs Gas. Die Polizisten eröffneten das Feuer auf das Fahrzeug. Ein 12-Jähriger wurde tödlich getroffen. Die Bilder des Jugendlichen, der aus Südafrika nach Mosambik kam, sind viral gegangen – ebenso Videoaufnahmen der darauffolgenden Auseinandersetzungen, bei denen der mutmaßliche Todesschütze getötet wurde.

Für Mosambiks Opposition ist der Vorfall ein erneutes Zeichen der Polizeibrutalität, die es schon nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom Oktober 2024 gab, als die Opposition den Sieg der regierenden Frelimo (Mosambikanische Befreiungsbewegung) nicht anerkannte und auf die Straße ging. Über 400 Menschen starben bei mehrmonatigen Unruhen, die meisten von der Polizei erschossen, bevor der neugewählte Präsident Daniel Chapo von der Frelimo und der wichtigste Oppositionsführer Venancio Mondlane, der sich nach den Wahlen zum Wahlsieger ausgerufen hatte und dann zeitweise ins Exil gehen musste, einen politischen Dialog vereinbarten.

„Meine Sympathien liegen mit der Familie des Jungen, der in Bobole einen unzeitgemäßen Tod an den Händen von in die Polizei infiltrierten Kriminellen erlitt“, sagte Mondlane jetzt. „Ich erwarte, dass seine Mörder exemplarisch bestraft werden. Dies ist ein Fall für die Generalstaatsanwaltschaft, die damit zeigen kann, dass sie im Dienst der Gesellschaft steht.“

Erst im Juli hatte eine erneute Verschärfung der politischen Krise in Mosambik gedroht, nachdem die Polizei angekündigt hatte, gegen Mondlane unter anderem wegen „Ungehorsam“ und „Anstiftung zum Terrorismus“ zu ermitteln. Zwei Wochen zuvor war der frühere Polizeichef Bernardino Rafael von der Staatsanwaltschaft vorgeladen worden, hinter verschlossenen Türen. Die zweitgrößte Oppositionspartei Renamo (Mosambikanischer Nationaler Widerstand) warnte nach den Vorwürfen gegen Mondlane vor einem Zusammenbruch des Friedens und äußerte Zweifel daran, dass die regierende Frelimo wirklich Dialog will.

Mitte August konnte Mondlane schließlich seine neue Partei „Nationale Allianz für ein Freies und Autonomes Mosambik“ (Anamola) registrieren. Und am Montag wurde er in Mosambiks Staatsrat aufgenommen, das ranghöchste staatliche Beratergremium des Präsidenten. Damit ist er faktisch vor juristischer Verfolgung geschützt.

Derweil muss der jüngste Gewaltvorfall aufgearbeitet werden. Polizeichef Joaquim Adriano Sive hat Mosambiks Bürger vor Selbstjustiz gewarnt und sein „Entsetzen und Beileid“ über die Toten geäußert.

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