Gewalt gegen Journalist:innen: Schreiben oder schweigen?
Die Zahl der Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland hat laut einer Studie im Jahr 2023 zugenommen. Die Entwicklung führt auch zu Selbstzensur.
Seit nunmehr vier Jahren befänden sich die jährlichen Zahlen von Angriffen auf Journalist:innen auf einem hohen Niveau, hieß es. Die Annahme, dass mit der Marginalisierung der Querdenker-Bewegung und dem damit gekoppelten abnehmenden Versammlungsaufkommen auch die Zahl der Angriffe auf Journalist:innen in Deutschland sinke, habe sich nicht bestätigt.
Der Studie zufolge löst Berlin Sachsen als Spitzenreiter für 2023 bei den tätlichen Angriffen auf Journalist:innen im Vergleich zum Vorjahr ab. Zwar verzeichnet Sachsen mit 13 Fällen mehr Attacken als im Vorjahr (11 Fälle), jedoch weist Berlin mit 25 tätlichen Angriffen einen deutlich höheren Wert auf. Von den 25 Fällen ereigneten sich 21 im Umfeld propalästinensischer Demonstrationen. Danach folgt Bayern mit 6 Fällen.
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl physischer Angriffe auf Lokaljournalist:innen gesunken, wie es weiter heißt. Insgesamt wurden sieben physische und acht nichtphysische Angriffe registriert. Im Jahr 2022 lag die Zahl physischer Angriffe noch bei zwölf. Einige der lokalen Medienschaffenden, die 2023 Ziel von physischen und nichtphysischen Angriffen wurden, waren auch in der Vergangenheit betroffen.
Das Resultat ist oft Selbstzensur
Bereits in der Studie zuvor wurde darauf hingewiesen, dass fehlende Anonymität im Lokalen ein Sicherheitsproblem für Lokaljournalist:innen darstellen kann. In einer näheren Analyse des Bundeslandes Sachsen, welches seit 2015 insgesamt ein Drittel aller registrierten Fälle (117 von 390) auf sich vereint, zeigt sich demzufolge zudem ein bisher unterbelichtetes Phänomen: Selbstzensur.
Lokaljournalist:innen, die tätig seien, wo extrem rechte Raumaneignung im Lokalen erheblich fortgeschritten sei und in die sogenannte Mitte der Gesellschaft hineinreiche, berichteten davon, dass gewisse Themen vor Ort aufgrund einer wahrgenommenen permanenten Bedrohungslage ausgespart würden, heißt es in der Studie.
Die Studienautor:innen fordern deshalb, zu erforschen, wie ausgeprägt das Phänomen der Selbstzensur bereits ist und inwieweit sich diese Erfahrungsberichte auch auf andere Regionen in Sachsen und auf andere Bundesländer übertragen lassen. Die Studie entstand den Angaben zufolge in Kooperation mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).
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